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Springer, Anton; Osborn, Max [Hrsg.]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0044
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Erster Abschnitt: 1750—1819.


29. Der Künstler, aus Bonaventura Genettis Zyklus „Aus dem Leben eines Künstlers".
(Verlag von Alphons Dürr, Leipzig)

und in seinen antiken Studien namhaft förderte. Nach Deutschland zurückgekehrt, fiedelte sich
Genelli in München an, wo er ein zwanzigjähriges Martyrium durchlebte. Die Gönner blieben
aus, die verständnisvollen Freunde stellten sich spärlich ein. Erst der Lebensabend in Weimar
gestaltete sich freundlicher und erweckte in ihm die Lust, die früher wenig gepflegte Ölmalerei zu
üben. Doch Genellis eigentümliches Wesen spiegelt sich am besten in seinen zyklischen Kompositionen
wieder. Außer den älteren Illustrationen zu Homer und Dante kommen die in Kupfer ge-
stochenen Blattfolgen: das Leben einer Hexe, eines Wüstlings, eines Künstlers (Abb. 29) in Betracht.
Auch bei ihm tritt, wie man sieht, die poetische Erfindung in den Vordergrund. Damit hängt
die Neigung zu allegorischen Kompositionen zusammen. Aus Genellis klassischen Traditionen
erklärt sich seine Vorliebe für das Nackte sowie in seiner Formensprache das Beharren bei den
typischen Gestalten, die Scheu vor allen naturalistischen Zügen. Wären ihm frühzeitig große
Freskoarbeiten übertragen worden, zu denen er die größte Befähigung besaß, so würden manche
störende Eigenheiten, wie die eintönige Wiederkehr einzelner Gesichtsbildungen, bestimmter
Maße usw., bald verschwunden sein.
In seinen alten Tagen in Weimar traf Genelli mit dem geistesverwandten Friedrich
Preller (1804—1878) zusammen, mit dem ihn auch eine gleichartige künstlerische Jugend-
erziehung verknüpfte. Denn auch Preller trat vielfach in Kochs Fußtapfen. Im Jahre 1828,
nachdem er in Dresden namentlich Ruisdaels Werke studiert uud in Antwerpen fleißig nach der
Antike gezeichnet hatte, kam er nach Rom und schloß sich eng dem Kreise der Klassizisten an.
Die Odysseelandschaften, dreimal umkoponiert, sind das Hauptwerk seines Lebens (Abb. 30). In
diesem Bilderzyklus bot die von Preller sorgfältig studierte südliche Natur die Motive für den
Schauplatz, auf dem sich die Schicksale des göttlichen Dulders vollziehen. Es liegt in den fest-
geschlossenen Formen der südlichen Pflanzenwelt, in den reicheren Gegensätzen, hier üppigster
Kultur, dort von Menschenhand scheinbar unberührter Öde und Wildheit, in den ausdrucksvollen
scharfen Linien der Landschaft ein ähnlicher Charakter wie in dem elementaren Leben der
heroischen Vorzeit. Bei aller Begeisterung für die südliche Landschaft und insbesondere für
den Lieblingsplatz seiner Studien, die Serpentara bei Olevano, war Preller jedoch auch für die
 
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