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Springer, Anton; Osborn, Max [Hrsg.]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0052
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Erster Abschnitt: 1750—1819.


37. Aus der Nachfolge
Christi, von I. Fiirich.

Aus den älteren Bildern spricht ein naiv lebendiger Sinn, eine un-
getrübte Freude an der äußeren Erscheinungswelt und ein liebe-
volles Naturstudium, während spätere Ölbilder, wie der „Bund der
Künste mit der Religion" in Frankfurt, durch die vielen eingemisch-
ten abstrakten Vorstellungen oder, wie die Krönung Mariä im
Kölner Dom, durch die sichtliche Scheu vor allzu großer Natur-
wahrheit wenig anziehend wirken. Ein richtiges Gefühl leitete
Overbeck in seinem höheren Alter, das Maß der Vollendung seiner
Bilder freiwillig einzuschränken, auf die Ausführung in Ölfarben
gern zu verzichten und mit dem Entwerfen von Zeichnungen und
Kartons sich zu begnügen. Die grundsätzliche Abneigung gegen aus-
gedehnte Farbenstudien und eingehende Naturbeobachtungen, weil sie
den profanen Charakter des Kunstwerks fördern, wirkte hier nicht
störend. Sein feines Natnrgefühl und erstaunliches Formengedächtnis
reichten für den Grad der lebendigen Wahrheit, den die Zeichnung
erzielt, vollkommen ans; in der Zeichnung und im Karton konnte
er endlich seiner Empfindung ungehindert den deutlichsten Ausdruck
geben. Auf diesen Kreis von Arbeiten ist Overbecks Ruhm am
festesten gegründet. In erster Linie sind die durch den Kupferstich
vervielfältigten „Vierzig Zeichnungen zu den Evangelien" zu nennen,
die vollendetste Schilderung, die das Leben Jesu in unserem Jahr-
hundert erfahren hat, ergreifend durch die innige Wahrheit des Aus-
drucks, entzückend durch die Anmut der Linien und die einfache Größe
der Komposition. Ihnen schließen sich die in Holzschnitt repro-
duzierten Sieben Sakramente an, gleichsam als Teppiche gedacht.
Das Mittelbild, den biblischen Anlaß zur Einsetzung oder die Spen-
dung des Sakraments darstellend, wird von einer Bordüre ein-
gefaßt, in der symbolische Beziehungen und Anspielungen Platz finden.
Noch im höchsten Alter zeichnete Overbeck mit jugendlicher Frische
Szenen ans dem Leben Petri, bestimmt, in der Kathedrale von
Diakovar in Slavonien in Fresko ausgeführt zu werden.
Von Anhängern und Mitstrebenden (eigentliche Schüler besaß
Overbeck nicht) verdienen nur wenige Künstler besondere Erwähnung.
Vor allem Franz Pforr (1788—1812), von dem Overbeck sagte,
„er habe ihn förmlich gerettet". Denn Overbeck war seiner unbot-
mäßigen künstlerischen Gesinnung wegen von der Wiener Akademie
relegiert worden. Pforr malte nun in Erinnerung an die gemein-
samen Kämpfe die Allegorie auf sein und Overbecks Schicksal, die
nach langer Zeit 1906 auf der Jahrhundertausstellung in Berlin
wieder einmal ausgestellt war (Abb. 34). Alsdann ist neben dem
als Kunsthistoriker bekannten I. D. Passavant (1787—1861), aus
Frankfurt gebürtig, noch I. H. F. von Olivier (1785—1841)
hervorzuheben, dessen klare, ängstlich durchgeführte Landschaften lebhaft
an Overbecks mühsame Arbeit erinnern. Bedeutender war Philipp
Veit, der Enkel des Philosophen Mendelssohn, 1793 in Berlin ge-
boren; er kam 1815 nach Rom, schloß sich hier dem Kreise, der sich
 
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