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Springer, Anton; Osborn, Max [Editor]
Handbuch der Kunstgeschichte (Band 5): Das 19. Jahrhundert — Leipzig, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.30792#0271
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4. Das Erwachen der Farbe in Deutschland.

229

Großen haben Werners Lebenswerk bestimmt, in dem sich Landschaftsstücke, Interieurs nnd
friedericianische Soldatenbildchen (Abb. 243) von großer Feinheit des Tons und liebevoller
Sorgsamkeit im prickelnden malerischen Detail finden. Mehr an Franz Krüger als an Menzel
erinnert der als Direktor der Königsberger Akademie gestorbene Karl Steffeck (1818—1890),
der gleichfalls in Paris, im Bannkreise Delaroches, gelebt hatte und als ein tüchtiger Pferde-
maler, namentlich auch als ein beliebter Lehrer, die guten Traditionen vom Anfang des Jahr-
hunderts in die fpätere Zeit hinüberrettete.
Der österreichische Menzel ist Rudolf von Alt (1812—1905), der den Berliner Alt-
meister sogar an Jahren, an unveränderlicher Schaffenskraft nnd Entwicklungsfähigkeit noch
übertraf, wenn er auch der Macht und Tiefe dieses alles umfassenden Genies niemals nahe
kam. Alts Feld ist die Aquarelltechnik, in der er eine unübersehbare Schar meisterhafter kleiner
Landschafts- und Architektnrbildchen hinterlassen hat, von einer unvergleichlichen Präzision und


245. In der Pußta, von August v. Pettenhofen. Magdeburg, Privatbesitz.
(Em Jahrhundert deutscher Kunst)

Feinheit im Detail, das doch seinem großen Blick für die malerische Stimmung des ganzen
Ausschnitts niemals gefährlich wurde (Abb. 244). Von seinem Vater Jakob Alt (1789
-—1872), der aus Frankfurt nach Wien gekommen war, hatte er die Freude an der Wieder-
gabe pittoresker Bauformen geerbt, auch die Liebe zum Stephansturm, der in Rudolf von Alts
Schaffen eine ähnliche Rolle spielt wie der Berg Fuji im Oeuvre Hokusais, des japanischen
Menzel. Mit bewundernswerter Elastizität hat er als Nestor der österreichischen Künstler am
Ende des Jahrhunderts unter dem Einfluß der modernen Strömung seine Malweise noch einmal
verändert, seinen Vortrag freier, leichter und lockerer gestaltet und Bilder aus seinem alten
Stoffgebiet von einer Größe der Auffassung gemalt, die vielleicht alles Frühere übertreffen. Es
war mehr als eine Reverenz vor dem Alter, daß ihn die junge Wiener Sezession zu ihrem
Ehrenpräsidenten ernannte: er gehörte in Wahrheit zu ihr. Neben Alt steht der Nachwuchs
der Waldmüller-Schule, darunter an erster Stelle der liebenswürdige Friedrich von Fried -
laender (1825—-1899), der Organisator der Wiener Künstlergenossenschaft, der in der Jugend
mit gut gemalten, figurenreichen Bildern aus dem Leben der Zeit, Szenen vom Kirchtag, aus
der Kantine, aus dem Versatzamt, hervortrat und später als „Jnvalidenmaler" eine beliebte
 
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