Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
20 --------

ger Stellung da, einen Thyrsosstab, wie die vorige, aber auch noch eine Fackel in den Händen hal-
tend, sonst mit dem nämlichen Anzug und mit einer hinten herabhangenden Kopfbinde geschmückt.

3. Form des Kantharos, des heiligen bacchischen Gefässes, welches als ein Abzeichen des
Gottes und Sinnbild seines Dienstes galt So findet man es auf einem Grabstein zu Acharnae, nahe
bei dem jetzigen Dorfe Menid, abgebildet, und so erzählt Plinius von C. Marcius, dass er stets
aus einem solchen Gefäss nach dem Beispiel des Bacchus getrunken habe. Das gegenwärtige Gefäss
zeichnet sich aus durch die anmuthige Schwingung der Henkel und durch ihre schöne Verbindung mit
dem Körper der Vase.

4. Bacchische Orgienfeier der Thyaden, gemalt auf einer darunter abgebildeten kleinen Vase
in Form einer mystischen Cista, welche von Herrn Graham zu Athen ausgegraben wurde und nach-
mals in der Sammlung des Prinzen Poniatowski zu Rom sich befand. Auf den unvollständigen Bruch-
stücken des Deckels der Vase war nur eine geflügelte weibliche Gestalt mit kurzem Chiton und eine
lang bekleidete Frau noch zu erkennen. Im Umkreis der Cista befindet sich die wohlerhaltene Vor-
stellung der Thyaden.

Unter diesem Namen begriff man eine jährlich auf die Höhe des Parnass wallfahrende und
bacchische Orgien feiernde Theoris oder festliche Gesandschaft von attischen und delphischen Jung-
frauen, welche von Thyia, der ersten Opferpriesterin des Dionysos, so benannt wurden und zwar in
ihrer Tracht, aber nicht in ihren Handlungen von den Mänaden sich unterschieden.*)

Sie erscheinen hier in feine umgürtete Chitonen gekleidet, mit Chlamidien und dem Peplos
versehen, im Schmuck von Perlen und Armbändern, die Haare theils mit einer Sphendone (Binde)
und einem Epheukranz umwunden, theils in aufgelösten wildfliegenden Locken. Das Local bezeichnet
am Boden rankender Epheu. In der Reihenfolge sind vier einander zugewendete Paare zu bemer-
ken, welche in verschiedenen Stellungen und Geberden verschiedene Momente des bacchischen Or-
giasmos, des Dranges und der Wuth ausdrücken, welche beim Anblick der heiligen Fackeln und beim
Klang der Krembaien entstehen. Durch Epheubekränzung vor den andern ausgezeichnet, läuft die
Koryphäa voran und schaut mit Entsetzen auf die Flammen der sie verfolgenden Daduchin oder
Fackelträgerin zurück. Die übrigen schwärmen und springen taktmässig, den Hals zurückbiegend,
die Arme ausbreitend und mit beiden Händen die aus Metallstäbchen bestehenden Krembaien oder
Klappern bewegend. In dem Tanze, welcher der italiänischen Tarantella, der Fussbewegung und
dem Geberdenspiel zufolge, gleicht, lässt sich der von Nonnus**) beschriebene und Ampelos genannte
antike Tanz nicht verkennen.

Bei der lebendigen Auffassung und schönen Zeichnung des Gemäldes fällt das Verhältniss und
der Gliederbau der Gestalten auf, welche hier als unerwachsene kleine Mädchen erscheinen. Der
Grund dieser Darstellungsart liegt, wie oben erwähnt ist, darin, dass die Vase als Geschenk einem
Kinde bestimmt war.

5. Bruchstück eines Vasengemäldes aus Athen in der Fauvel'schen Sammlung. Das personi-
ficirte Kampfspiel Agon oder Silen als Vorsteher der Kampfübungen darstellend; dieser Silen ist
epheubekränzt, bärtig und trägt Halteren oder bleierne Sprunggewichte in der Rechten, stemmt die
Linke in die Seite und sieht sich heiter lächelnd um. Zu seinen Füssen liegen ein Diskos oder Wurf-
scheibe mit dem Stempelbild der athenischen Eule und eine Hake (wcwdvy), Werkzeug der Winzer und

*) Pausan. L. X. c. XXXII, 5.
**) L. I. v. 241.
 
Annotationen