Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die Publikationen.

141

und auch die Kopisten zu stilgetreuerer Wiedergabe der Antike zu erziehen. Im
Gebiete der altchristlichen Archäologie bezeichnen die Tafeln von de Rossis Roma
sottcranea immerhin einen Fortschritt, wenn sie auch noch zu wünschen übrig lassen.
Vollkommene Stiltreue, und zugleich exakte Wiedergabe des Gegenständlichen erzielte
erst die mechanische Reproduktion mittels der Photographie. Joseph Wilpert, wohl
vorbereitet durch kritische Studien über die alten Kopisten, hat sich das große Ver-
dienst erworben, die zugänglichen Malereien der römischen Katakomben zum erstenmal
exakt und stilgetreu veröffentlicht zu haben. Er hat an fünfzehn Jahre in den
Katakomben gearbeitet, ehe er mit seinem Werke hervortrat. Er hat die oft von
Schimmel oder Sinter überzogenen Malereien gereinigt, nicht ohne Anwendung ver-
dünnter Säuren (hoffentlieh ohne den Farben zu schaden); er hat die Malereien bei
künstlichem Licht photographiert und die gewonnenen Aufnahmen durch den
Aquarellisten Tabanelli unter seiner Aufsicht vor den Originalen in deren Farben be-
malen lassen. Diese in Farbe gesetzten Photographien ließ er photomechanisch, teils
schwarz, teils in Dreifarbendruck, vervielfältigen. Hierdurch hat Wilpert an Treue
der Wiedergabe alles erreicht, was mit den heutigen technischen Hilfsmitteln zu er-
reichen möglich ist. Einige in neuerer Zeit beschädigte Malereien hat er ergänzt
wiedergegeben, teils nach älteren Kopien, teils aus eigener Erinnerung; überall aber
hat er den Umfang und die Quelle seiner Ergänzungen angegeben, so daß niemand
irregeführt werden kann. Bei den Vorarbeiten in den Katakomben hat er Voll-
ständigkeit in der Aufnahme des zugänglichen Bestandes erstrebt, aber von seinem
Tafelband, zu einiger Unbequemlichkeit der Benutzer, um an den hohen Kosten
zu sparen, diejenigen fast alle ausgeschlossen, die er in früheren Monographien
bereits veröffentlicht hatte. Überhaupt wäre die monumentale Publikation ohne
die Unterstützung des deutschen Kaisers, des Fürstbischofs Kopp, und des Vor-
standes der Görresgesellschaft, in dem nun erreichten Umfange nicht möglich
gewesen.

Für die Reihenfolge der Tafeln hat Wilpert die chronologische Anordnung der
topographischen vorgezogen, weil bei ihr die allmähliche Entwicklung der altchristlichen
Kunst am klarsten zutage trete. Die meisten Archäologen würden doch wohl die
topographische Anordnung lieber gesehen haben. Ein Denkmälerkorpus soll den
monumentalen Befund vorlegen, ganz objektiv. Nun akzeptieren wir — bis auf bessere
Belehrung — Wilperts Datierungen als die besten bis heute erreichten; ganz frei von
subjektivem Dafürhalten aber sind diese chronologischen Ansetzungen keinenfalls. Am
liebsten fände man die Malereien im Rahmen eines Corpus coemeteriorum, eine jede
an ihrer Stelle. Wenn aber an ein so umfassendes Werk nicht gedacht werden konnte,
so hätten die Malereien doch topographisch geordnet, hätten mindestens Planskizzen
und Querschnitte der etwas dürftigen topographischen Übersicht in der „ersten Bei-
lage" zugegeben werden können. Die Entwicklung der Katakombenmalerei geht
parallel der baulichen Entwicklung der Katakomben selbst; die Baugeschichte einer
Katakombe liefert wichtige Kriterien zur Datierung ihrer Malereien, Wilpert hat von
ihnen ausgiebigen Gebrauch gemacht. Es wäre nun sehr belehrend gewesen, wenn er
sich hierüber nicht bloß in ein paar Andeutungen ausgesprochen, sondern die Geschichte
jeder Katakombe im Zusammenhang der künstlerischen mit der baulichen Entwicklung
dargelegt hätte. Auch die Auswahl und Anordnung der Gemälde, hiermit aber zu-
gleich ihre ganze Meinung und Absieht, würde in der nach Katakomben gegliederten
 
Annotationen