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Syntax der figürlichen Typen.

Wir haben . die figürlichen Typen studiert und glauben ihre Bedeutung in der
Hauptsache erfaßt zu haben, wenn auch einzelnes noch Problem bleibt. Die Typik
bildet gleichsam die Formenlehre in der Grammatik der Bildersprache. Nach der
Formenlehre käme nun die Syntax, die Lehre von der Zusammenstellung jener Typen
im dekorativen Ganzen. Die Dekoration schließt sich den gegebenen Räumen an, der
Art der zu verzierenden Wandflächen. Diese aber sind in ihrer Form bestimmt durch
die Bestattungsweise: wir unterscheiden Nischengräber (Arkosolien) und Fachgräber
(loculi), sowie Kammern mit Decken und Wänden. Danach gliedern wir unsere
Syntax der figürlichen Malereien.1)

Gegenstand der Malereien war die Erlösung aus dem Tod ins ewige Leben und
die Seligkeit durch den Christus und in der bleibenden Gemeinschaft mit ihm, dies
alles dargestellt nicht so sehr als bloße, vielleicht ängstlich zweifelnde Hoffnung,
sondern als Gewißheit. Daher war der Haupttypus der Selige im Himmel. Dar-
gestellt wurde der in die Seligkeit eingegangene Verstorbene in vollem bürgerlichen
Anzug, also in Leibrock und Oberkleid (Tunika und Pallium); und zwar wie die
so „Angezogenen" in der Kunst herkömmlich, nur mit der rechten Hand anbetend;
die Frau aber in der Tunika oder der Stola, meist mit Kopftuch, sie, weil nicht durch
den Mantel gehindert, mit beiden Händen adorierend (der konventionell sogenannte
Orantentypus). Männer in der bloßen Tunika erscheinen in der ersten Zeit nur
vereinzelt, wie die zwei Seligen beim Mahl und der Noah im Kasten, beide in
Domitilla; später wurden sie häufiger, auch sie im Orantenschema gegeben. Die
Oranten stellt der Maler wohl auch in die ihnen geöffnete Himmelstür, die Portieren
werden für sie auseinandergehalten; ferner zwischen Paradiesesbäuine und zwischen
andere Selige. Auch fügte er manchmal den erhöhten Christus hinzu, zum Zeichen,
daß der Verstorbene durch ihn in den Himmel gekommen sei. In der Spätzeit ver-
wendete man den Typus des Seligen im Mantel nur mehr für die Apostel und andere
kirchlich geprüfte und gebuchte „Heilige"; jetzt liebte man, in Rom wenigstens, den
Verstorbenen als Seligen etwa zwischen Petrus und Paulus zu stellen.

Line andere Darstellung der Seligen war die beim Gelage im himmlischen Paradies.

Eine besondere Klasse bildeten die Prototype (oder Protype) der Erlösung aus
dem Tod, die biblischen Rettungen, des Noah aus der Sintflut, des Daniel aus der
Löwengrube, der drei Jünglinge aus dem glühenden Ofen, des Isaak vom Opfertod,
des David aus den Händen des Goliath, des Hiob aus seinen Leiden; dazu die
evangelischen Heilungen, des Gichtbrüchigen, des Blinden, des Aussätzigen, der

1) In der Literatur, einschließlich Wilperts, ist der Gegenstand gelegentlich wichtiger Einzel-
fälle berührt, aber noch nicht im ganzen behandelt worden.
 
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