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Die christlichen Mahle.

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Rechten, im Schema übereinstimmt mit der sitzenden Frau links im ersten Bild. Nun
liegt folgendes vor: die zwei sitzenden Frauen des ersten Bildes ließ der Maler des
zweiten aufstehen und gab der einen den Becher des dort aufwartenden Knaben, der
anderen die dazugehörige Kanne in die Hand; das Schema der im ersten Bilde links
sitzenden aber benutzte er zu einer Neuschöpfung, eines, sagen wir homerisch an
eigenem Tischchen bedienten Unbärtigen, in dem wir doch auch einen Seligen
beneiden möchten. Die Einzelfigur einer Seligen in Gelage sahen wir noch eben
vorher; und sitzend zeigte das himmlische Mahl der Flaviergalerie seine zwei Gäste.
Nur das Tischchen und der Napf behalten in ihren Formen etwas Unbefriedigendes;
das bleibt aber bei jeder Erklärung der Szene.1)

Endlich zwei Mahlbilder des Coemeterium Mains (früher S. Agnetis oder
Ostrianum genannt) aus dem vierten Jahrhundert. Das eine Seligenmahl, am Bogen
eines Arkosols der Gruft I, hat unter aufgehängten Blätterschnüren die typischen
sieben, teils weiblichen Gäste, von denen einige nach den Speisen greifen, andere den
Becher zum Munde führen. Die Speisen bestehen in drei Fischschüsseln, zwischen
denen zwei Brötchen liegen; der Publikation zu glauben läge das alles auf der Polster-
rolle. Der Gast in der Mitte hat einen Nimbus, wie auch die zwei Putten an der
Eingangswand nimbiert sind. Das andere Mahl ebenda, an der Rückwand des Arkosols
in Kammer III, nimmt den linken Flügel der dreigeteilten Lünette ein; im Mittelfeld
steht die Verstorbene als Orans, ihr Name wird Victoria gelesen; im rechten Flügel
kommen die fünf klugen Jungfrauen im Zuge heran, mit brennenden Fackeln und
kleinen Gefäßen, die sie mit der linken Hand an Bügelhenkeln tragen, den Olgefäßen.
Am Mahle nehmen nach den älteren Publikationen fünf Gäste teil; Bosio sah Männer
und Frauen in gemischter Reihe wie üblich, Garrucci nur Frauen und sah in ihnen
die fünf klugen Jungfrauen beim Gastmahl des himmlischen Bräutigams. Wilpert er-
kennt nur vier Gäste an, die auch ihm weiblichen Geschlechts und zwar Jungfrauen
sind, die klugen Jungfrauen beim himmlischen Hochzeitsmahl; der fünfte Platz sei
für die Verstorbene offen gehalten. Daß rechts von dem zentral angeordneten dritten
Gast Raum genug für zwei weitere sei, gibt Wilpert (in seiner früheren Besprechung
der Malerei) selbst zu; seine Wiedergabe aber ist zu klein und zu undeutlich, um
irgend etwas erkennen zu lassen. Wir müssen daher die Frage nach der Zahl der
Gäste ebenso offen halten, wie die nach ihrem Geschlechte. Soviel können wir mit
Bestimmtheit sagen: einerseits das rechte Flügelbild mit den klugen Jungfrauen, denen
die Teilnahme am Hochzeitsmahl des himmlischen Bräutigams gewiß ist, andererseits
die Darstellung des himmlischen Mahles selbst im linken Flügel der Lünette charakte-
risieren die Verstorbene als Selige im Himmel.2)

') Der sog. Trikliniarch: Wilpert, Malereien 474 Taf. 159, 2. — Palatin: oben S. 206.

2) Coem. maius, Gruft I: Bosio, Roma sott. 447. Garrucci Storia II Taf. 60. Wilpert,
Malereien 304. — Gruft III: Bosio, Roma sott. 459. Garrucci, Storia II Taf. 64, 2. Wilpert,
Gottgeweihte Jungfrauen 1892, 66 Taf. 2, 5; Malereien 427, leider ohne Reproduktion des Ge-
mäldes; eine solche in etwas größerem Maßstab wäre erwünscht gewesen.

Bybel, Christliche Antike I.

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