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Zur Stilkritik und Chronologie der christlichen Sarkophage.

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Zur Stilkritik und Chronologie der
christlichen Sarkophage.
In den beiden vorstehenden Abschnitten nahmen wir die Typik der Sarkophage
und ihres Bilderschmucks systematisch durch. Der Tektonik lag noch besonders ob,
den innigen Zusammenhang der christlich antiken Sarkophage mit den heidnisch antiken
in Erinnerung zu bringen; die Typik der Bilder sollte den klassischen Archäologen
den Weg zur Interpretation des Gegenständlichen ebnen. Beide Abschnitte indessen
wollen an ihrem Teile zugleich der geschichtlichen Erfassung der Antike dienen; der
klassische Archäologe, auch wo er systematisch disponiert, denkt immer historisch. Nun
aber gilt es, den geschichtlichen Gesichtspunkt in den Vordergrund zu rücken und
nach Epochen geordnet vorzulegen, was sich zur Stilkritik und Chronologie unserer
Sarkophage soweit ergab oder sonst noch als fördernd herangezogen werden mag.
Weiter zu gehen und etwa eine Geschichte der altchristlichen Skulptur zu entwerfen,
davon kann bei dem jetzigen Stande der Forschung noch keine Rede sein.
Die andere Frage nach den örtlichen Ursprüngen der Typen, ob aus Klein-
asien, Syrien oder Alexandrien, ob überhaupt aus dem griechischen Osten oder dem
Abendland, dem hellenistischen natürlich, auch diese Frage stellen wir immer noch
zurück; sobald die Chronologie der Denkmäler eine sichere Basis gefunden hat, wird
es Zeit sein, auf die Ursprungsfragen einzugehen. Solches Zurückstellen ist selbst-
verständlich nicht so gemeint, als solle man gegenüber den Ursprungsfragen einstweilen
die Augen verschließen; vielmehr ist es nötig, schon jetzt zur künftigen Inangriffnahme
des Problems Beobachtungen zu sammeln und Kriterien zurechtzulegen.
Italien (außer Ravenna).
Die Chronologie der altchristlichen Sarkophage möchte man klargestellt wissen.
Da ist nun zu bedauern, daß es an äußeren Daten nur zu sehr gebricht. Grab-
schriften an den Steinsärgen sind nicht gerade häufig, die öfter in Relief angebrachten
Schrifttafeln meist leer, so daß die Vermutung auftauchen konnte, die Grabschrift sei
in diesen Fällen ähnlich wie öfter in den Katakomben aufgemalt gewesen und ver-
blichen, vielleicht aber durch geeignete Reagentien w’ieder lesbar zu machen. Die
vorhandenen Inschriften geben etwa den Namen des Verstorbenen, seinen Stand, ein
lobendes Prädikat, die Hinterbliebenen die ihm, oder für die mit er, das Grab bereitet,
dazu den Kalendertag der Deposition, weil dessen Fixierung maßgebend blieb für das
Jahrgedächtnis. Nur ganz vereinzelt werden die Konsuln des Sterbejahrs genannt.
Der Knabe Heraklitos starb 238, Marius 273 oder 276. Flavius Faustinus wurde
am 11. August 353 deponiert, der Stadtpräfekt Junius Bassus am 25. August 359.
Zwei unter Sankt Peter gefundene Sarkophage wurden von römischen Archäologen
auf Sextus Petronius Probus und auf Anicius Hermogenianus Olybrius bezogen,
von denen jener zwischen 389 und 395 starb, dieser kurz vor 410. Aber die
 
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