Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
224

Zur Stilkritik und Chronologie der christlichen Sarkophage.

ihre Aufgabe ist nicht die geschichtliche Erklärung des Mittelalters, sondern die Er-
kenntnis der Ausgänge des Altertums und nichts weiter. Bei der Arbeit müßten sie
sich zur Pflicht machen, streng bei der Stilkritik in chronologischer Absicht zu bleiben
und sich jeden Seitensprung auf das Gebiet der Fernwirkungen in der Kunstentwicklung
zu versagen, etwa sich aufdrängende Hypothesen dieser Richtung aber höchstens am
letzten Ende mitzuteilen.
Um einige Anschauung von den christlichen koptischen Stelen zu geben, haben
wir vier derselben als Abb. 60—63 dem Bilderanhang eingereiht, nämlich Crum n. 8687.
8656. 8557. 8591.
Syrien hat noch weniger hergegeben als Ägypten. In Antiochien sah Richter
ein Relief mit Adam und Eva, Kraus vermutete darin ein Sarkophagfragment. Doch
wurden bisher in Syrien keine christlichen Sarkophage mit Reliefschmuck gefunden,
nur späte bildlose Särge mit satteldachförmigem Deckel; ferner Senkgräber, deren
Deckplatten ebenfalls in Gestalt von Giebeldächern mit Eckakroterien zugehauen sind.
In Mudjeleia füllt die Grabschrift die ganze Front des Sarkophags, einmal hat man
ein Kreuz hineingesetzt, ein sogenanntes Ordenskreuz. Ein Zierfries in Dana zeigt die
Vase zwischen zwei Pfauen, wie wir sie an den gleich spätantiken Sarkophagen von
Ravenna sahen.1)

Im Vorstehenden versuchte ich einer stilkritischen Analyse und Würdigung der
christlichen Antike auf dem Gebiete der Marmorskulptur die Wege zu ebnen. Möchten
nun recht viele klassische Archäologen, vor allem die Arbeiter an den „Antiken Sarko-
phagreliefs“ und wer sonst in der Kunst der Kaiserzeit Erfahrungen sammelte oder
zu sammeln gewillt wäre, Hand anlegen und wetteifernd zur Lösung des chronologischen
Problems beitragen.
Wenn wir in der Chronologie und Synchronistik der altchristlichen Sarkophage
erst einmal auf festem Boden stehen, dann wird es Zeit sein, der andern Frage näher
zu treten, von wo die Typen und von wo die Stile ausgingen. Früher galt es der
Forschung, die ja mit den Denkmälern überwiegend in römischkatholischen Händen
lag, als ausgemacht, daß Rom die Wiege der christlichen Kunst gewesen sei. Inzwischen
trat der Osten mehr und mehr in den Bereich der Forschung, und so hat sich denn
die Frage auch an ihn gewandt, ob und in wieweit er Heimat der Typen und Stile
gewesen sei. Dabei faßte man vorwiegend Alexandrien ins Auge; dessen Anteil grenzten
die verschiedenen Gelehrten in verschiedener Weise ab. Nachdem die Kraus und
Wickhoff vom Schauplatz abgetreten sind, ist es wesentlich Strzygowski, der die Her-
kunft aus dein Osten verficht, und zwar aus dem hellenistischen. In ihm unterscheidet
er zwei Kreise, den westkleinasiatischen, in dem sich das Griechische rein erhielt, und
den südöstlichen, syroägyptischen, der vom semitisch und persisch Orientalischen stark
durchsetzt erscheint. Aus dem Osten, nicht aus Rom, stamme die christliche Kunst
der drei ersten Jahrhunderte; von dort verbreitete sie sich nach Westen, nach Rom

’) Adam und Eva: J. P. Richter, Mosaiken von Ravenna 131, 1. Kraus, Gesch. d. ehr.
Kunst I 233. — Senkgräber zu Sergila und Dana: de Vogüd, Archit. civile et relig. de la Syrie
centrale Taf. 78. 86. V. Schultze, Archäologie 153 Fig. 46. Kaufmann, Handbuch 135 Fig. 24. —
Mudjeleia: de Vogüd Taf. 78. — Dana: ebenda Taf. 45.
 
Annotationen