DIE ENTWICKLUNG SEITDEM TRECENTO
Die Datierung der Paläste und ihrer Fassadendekoration wird durch das Fehlen zweier Voraussetzungen erschwert:
Es fehlt ein systematisch zusammenfassendes Werk über die Geschichte der toskanischen Profanarchitektur (oder
ein Kompendium der Paläste von Florenz in Entsprechung zu Paatz’ »Kirchen von Florenz«) und es fehlt eine
Darstellung des Renaissanceornamentes und seiner Entwicklung in Florenz. Dieser Mangel hat die Bearbeitung
der über zweieinhalb Jahrhunderte zu verfolgenden Fassadendekorationen ungemein und unerwartet erschwert.
Im Rahmen des Themas und der uns gesetzten Grenzen bestand keine Möglichkeit, diese Desiderata aufzuarbeiten.
Die Baugeschichten konnten von uns nicht systematisch erforscht werden, aber es wurden aus den verschiedensten
Quellen alle aufschlußgebenden Daten - sei es, daß sie den Gesamtbau oder Einzelteile der Fassade (wie Tore,
Türen und Fenster) oder Besitzer und Kaufverträge betreffen - zusammengetragen, an Hand eigener Beobach-
tungen revidiert und oft auch ergänzt. Diese Daten lieferten Anhaltspunkte für die Datierung der Sgraffitodeko-
rationen auf der Grundlage des jeweiligen Ornamentstils.
Architektur und Dekoration können stilistisch voneinander abweichen, da sie nicht immer zur gleichen Zeit ent-
standen sein müssen (die Dekoration kann eine spätere Zutat sein). Stammen sie aus der gleichen Zeit, so bleibt zu
klären, ob die Fassade auf die Dekoration hin konzipiert wurde. Diese Überlegung steckt in Jacob Burckhardts
Worten, es sei eine »schwierige Frage, wie weit die architektonische Komposition auf diesen Schmuck rechnet«
(»Cicerone«, 1925, S. 276). Die Antwort darauf ist man für die Florentiner Renaissancepaläste seitdem noch schuldig
geblieben, wiewohl sie in der Bewertung der Architektur ein erhebliches Kriterium bildet. Daher wird in der fol-
genden chronologischen Übersicht hervorgehoben werden, ob Bau und Dekoration vom gleichen Künstler konzi-
piert sind oder inwieweit Architekt und Maler dabei zusammenwirkten. Identität der beiden dürfte im Falle Ros-
sellinos und Vasaris vorliegen; ein Zusammenwirken im Falle von Michelozzo und Maso di Bartolomeo, von
Baccio d’Agnolo und Feltrini, von Buontalenti und Poccetti (siehe Kat. 13; 40,42,43,44; 5 2,5 3).
Die Ornamentik der Sgraffitodekorationen hält Schritt mit der Entwicklung des Ornaments in Florenz überhaupt,
wie der Vergleich mit fest datierten Werken anderer Kunstgebiete erweist (die besten Vergleiche bietet im Tre-
cento das Bauornament, im Quattrocento die Bildhauerei, im Cinquecento hingegen die Malerei). Insgesamt be-
steht keine Veranlassung, die Dekorationen später als die von uns ermittelten Vergleichsstücke zu datieren. Künst-
lerisch auf der Höhe der Zeit zu sein, gehörte auch zum Prestige der Auftraggeber, die mit den Fassaden ihrer
Paläste bei den anspruchsvollen Florentinern Ehre einlegen wollten; man denke nur an die heftige Diskussion um
99 die durch ihre Nischen und Fenstergiebel ungewöhnliche Fassade des Palazzo Bartolini-Salimbeni von Baccio
d’Agnolo26.
Die Namen der Entwerfer sind bis zur Mitte des Quattrocento unbekannt, die ersten sind nach der Jahrhundert-
mitte faßbar: Maso di Bartolomeo für die Dekoration des Hofes des Palazzo Medici (1452), Bernardo Rosselino
für die Gesamtkonzeption der neuen Palastgruppe in Pienza (1460-1464). Daß Rossellinos Werkstatt in Florenz
fortgewirkt hat und für einen bestimmten Teil der um 1460-1480 zu datierenden großen Gruppe von Sgraffito-
dekorationen in Frage kommt, läßt sich wahrscheinlich machen. Im frühen Cinquecento entwickelten sich, wie
Forschungen zur Florentiner Groteske der Hochrenaissance ergaben, Ornamentspezialisten, so Morto da Feltre,
Feltrini und Gherardi; sie wurden - ähnlich wie in Raffaels römischer Schule Giovanni da Udine und Perino del Vaga -
als freie Mitarbeiter bei größeren Aufträgen zugezogen (z.B. Feltrini von Ridolfo Ghirlandaio, Pontormo, del Sarto
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Die Datierung der Paläste und ihrer Fassadendekoration wird durch das Fehlen zweier Voraussetzungen erschwert:
Es fehlt ein systematisch zusammenfassendes Werk über die Geschichte der toskanischen Profanarchitektur (oder
ein Kompendium der Paläste von Florenz in Entsprechung zu Paatz’ »Kirchen von Florenz«) und es fehlt eine
Darstellung des Renaissanceornamentes und seiner Entwicklung in Florenz. Dieser Mangel hat die Bearbeitung
der über zweieinhalb Jahrhunderte zu verfolgenden Fassadendekorationen ungemein und unerwartet erschwert.
Im Rahmen des Themas und der uns gesetzten Grenzen bestand keine Möglichkeit, diese Desiderata aufzuarbeiten.
Die Baugeschichten konnten von uns nicht systematisch erforscht werden, aber es wurden aus den verschiedensten
Quellen alle aufschlußgebenden Daten - sei es, daß sie den Gesamtbau oder Einzelteile der Fassade (wie Tore,
Türen und Fenster) oder Besitzer und Kaufverträge betreffen - zusammengetragen, an Hand eigener Beobach-
tungen revidiert und oft auch ergänzt. Diese Daten lieferten Anhaltspunkte für die Datierung der Sgraffitodeko-
rationen auf der Grundlage des jeweiligen Ornamentstils.
Architektur und Dekoration können stilistisch voneinander abweichen, da sie nicht immer zur gleichen Zeit ent-
standen sein müssen (die Dekoration kann eine spätere Zutat sein). Stammen sie aus der gleichen Zeit, so bleibt zu
klären, ob die Fassade auf die Dekoration hin konzipiert wurde. Diese Überlegung steckt in Jacob Burckhardts
Worten, es sei eine »schwierige Frage, wie weit die architektonische Komposition auf diesen Schmuck rechnet«
(»Cicerone«, 1925, S. 276). Die Antwort darauf ist man für die Florentiner Renaissancepaläste seitdem noch schuldig
geblieben, wiewohl sie in der Bewertung der Architektur ein erhebliches Kriterium bildet. Daher wird in der fol-
genden chronologischen Übersicht hervorgehoben werden, ob Bau und Dekoration vom gleichen Künstler konzi-
piert sind oder inwieweit Architekt und Maler dabei zusammenwirkten. Identität der beiden dürfte im Falle Ros-
sellinos und Vasaris vorliegen; ein Zusammenwirken im Falle von Michelozzo und Maso di Bartolomeo, von
Baccio d’Agnolo und Feltrini, von Buontalenti und Poccetti (siehe Kat. 13; 40,42,43,44; 5 2,5 3).
Die Ornamentik der Sgraffitodekorationen hält Schritt mit der Entwicklung des Ornaments in Florenz überhaupt,
wie der Vergleich mit fest datierten Werken anderer Kunstgebiete erweist (die besten Vergleiche bietet im Tre-
cento das Bauornament, im Quattrocento die Bildhauerei, im Cinquecento hingegen die Malerei). Insgesamt be-
steht keine Veranlassung, die Dekorationen später als die von uns ermittelten Vergleichsstücke zu datieren. Künst-
lerisch auf der Höhe der Zeit zu sein, gehörte auch zum Prestige der Auftraggeber, die mit den Fassaden ihrer
Paläste bei den anspruchsvollen Florentinern Ehre einlegen wollten; man denke nur an die heftige Diskussion um
99 die durch ihre Nischen und Fenstergiebel ungewöhnliche Fassade des Palazzo Bartolini-Salimbeni von Baccio
d’Agnolo26.
Die Namen der Entwerfer sind bis zur Mitte des Quattrocento unbekannt, die ersten sind nach der Jahrhundert-
mitte faßbar: Maso di Bartolomeo für die Dekoration des Hofes des Palazzo Medici (1452), Bernardo Rosselino
für die Gesamtkonzeption der neuen Palastgruppe in Pienza (1460-1464). Daß Rossellinos Werkstatt in Florenz
fortgewirkt hat und für einen bestimmten Teil der um 1460-1480 zu datierenden großen Gruppe von Sgraffito-
dekorationen in Frage kommt, läßt sich wahrscheinlich machen. Im frühen Cinquecento entwickelten sich, wie
Forschungen zur Florentiner Groteske der Hochrenaissance ergaben, Ornamentspezialisten, so Morto da Feltre,
Feltrini und Gherardi; sie wurden - ähnlich wie in Raffaels römischer Schule Giovanni da Udine und Perino del Vaga -
als freie Mitarbeiter bei größeren Aufträgen zugezogen (z.B. Feltrini von Ridolfo Ghirlandaio, Pontormo, del Sarto
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