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Rodenwaldt, Gerhart; Deutsches Archäologisches Institut <Berlin, West> / Abteilung <Athēnai> [Hrsg.]
Tiryns: die Ergebnisse der Ausgrabungen des Instituts (Band 2): Die Fresken des Palastes — Wiesbaden, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.1142#0194
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184

III. DIE KUNSTGESCHICHTLICHE STELLUNG
DER MALEREIEN VON TIRYNS.

Wenn wir von der festländisch-mykenischen Malerei nichts als die Tirynther Frag-
mente besässen, müssten wir uns damit bescheiden, die Geschichte der Malerei in Tiryns
in ihren Grundlinien erkannt zu haben (vgl. Cap. II). Die neuen Tirynther Funde sind
nun zwar die reichsten, die uns der griechische Boden geschenkt hat, aber neben ihnen
stellen die Gemäldereste von Mykenai, Argos, Orchomenos und Theben, und man kann
mit Bestimmtheit darauf rechnen, dass an diesen und anderen Orten noch weitere Schätze
gehoben werden können. Sie stellen uns die Frage: War die Entwickelung, die wir in
Tiryns übersehen können, die örtlich beschränkte Sondergestaltung gemeinsamer Grund-
lagen, oder gibt sie uns einen typischen Ausschnitt der allgemeinen Geschichte der fest-
ländisch-mykenischen Malerei? Von der Beantwortung dieser Frage hängt zum guten
Teile die Einschätzung der kunstgeschichtlichen Bedeutung der Tirynther Fragmente ab.
Daher mögen die übrigen festländischen Fresken ', von denen eine ganze Reihe bereits
bei der Einzelbeschreibung genannt und beschrieben worden ist, hier kurz im Zusammen-
hange besprochen werden.

Ein vereinzelter Fund ist die auf- und absteigende Spirale von der Umrahmung
einer Grabtür in Argos (BCH. 1904, 369, Fig. 1). Sie ist wichtig wegen der Rolle, die
gerade dieses Ornament in der Tirynther Malerei spielt. Leider ist sie zerstört, und auf
Grund der Abbildung lässt sich nichts Bestimmtes über ihren Stil sagen. Der Wechsel
von Gelb und Blau an den Spiralbänderu würde allerdings für die ältere Periode spre-
chen, wo wir ihn in Tiryns an einfachen Spiralen finden, während die jüngere Vulgata
nur weisse Bänder kennt. Im übrigen darf mau die Details kaum verwerten, da die
Richtigkeit der Reproduction starke Zweifel erweckt (vgl. oben S. 4 8 Anm. 1); die eigen-
tümliche Form der mittleren und inneren Blütenblätter kann ihr Entstehen einem bei
dem Erhaltungszustand solcher Fresken oft leicht begreiflichen Missverständnis ihrer
Innenzeichuung verdanken, und irrtümlich ist vermutlich auch der rote Grund an den
inneren Zwickeln nicht durchgeführt

Nächst Tiryns besitzen wir aus Mykenai das reichste Material, dessen Wichtigkeit
eine zusammenfassende Bearbeitung verdiente. Einen Teil der interessantesten Stücke
hat Tsundas ('Ecp. äg%. 1 887, Taf.1 0-1 2) veröffentlicht; andere, z. T ergänzende Fragmente
sind in den AM. XXXVI 1911, 221 ff., Taf. 9-12 besprochen und abgebildet worden2.
Von besonderer Bedeutung sind der Pinax mit der Kultscene (vgl. AM. XXXVII 1912,

1 Im Original mir nicht bekannt und daher hier nicht besprochen sind die im böotischen Gla (Arne) gefundenen
Freskenfragmente. Vgl. de Ridder, BCH. 1894, 289 ff.

2 Vgl. auch Schliemann, Mykenai 149; TooOvta;, ilpaKciKd 1886, 59 ff.; 1892, 5b; Tsundas-Manatt, Mycenaean
Age 59 (Fig. 15). 162; Perrot-Chipiez VI 883 ff.; Stais, Coli. Mycen. I0S f. Ein vereinzeltes Fragment ist in der Rev.
archeol. 1897, 374 ff., Taf. 20 veröffentlicht.
 
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