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Ulm — Nr. 8/​9.1962/​1963

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Opinion Quarterly 19, 1955), eine Untersuchung
der Urteilsbildung bei Ärzten hinsichtlich der
Aufnahme neuer Medikamente.

nation of opinion formation in doctors with
regard to the adoption of new drugs.

Im wesentlichen bestätigen alle erbrachten
Empirie-Daten die Hypothese des Zwei-
Phasen-Flusses der Kommunikation und die
höhere Effektivität der zweiten Phase: der
interpersonellen Kommunikation. Die Einsicht
in die höhere Effektivität der interpersonellen
Kommunikation scheint nun aber einige
Forscher so begeistert zu haben, daß sie den
Prozeß aus seinem Zusammenhang lösen —
die erste Phase des Zwei-Phasen-Flusses also
ignorieren — und die interpersonelle Kommuni-
kation gegenüber der Massenkommunikation
ganz allgemein für wirksamer halten. Der
Ansatz zu dieser Fehldeutung liegt schon in
'The People’s Choice'. Das Buch klingt aus in
den Worten:.mehr als alles andere können
Menschen andere Menschen anregen (move).
Vom ethischen Gesichtspunkt ist dies ein
hoffnungsvoller Aspekt innerhalb der ernsten
sozialen Problematik der Propaganda“.
Wahrscheinlich ist es auch auf eine „ethische
Hoffnung“ zurückzuführen, wenn Experimente
so angelegt werden, daß sie eigentlich die
bestehende Erwartung decken müssen oder
wenn widersprechende Ergebnisse unbeachtet
bleiben. So wurden die Meinungsführer
befragt, ob ihr Urteil dem Einfluß der Massen-
kommunikationsmittel oder persönlichen
Kontakten zuzuschreiben sei (Decatur Study
und Elmira Study). Das nicht überraschende
Resultat war die häufigere Nennung persön-
licher Kontakte. Wenn es um Urteile geht,
bei denen die allgemeine soziale Wertung
Originalität fordert, darf man annehmen, daß
nur sehr wenige darauf verzichten, eine
originale eigene Meinung für sich zu
beanspruchen. Innerhalb der ideologischen
Urteilsbildung bedeutet das: man muß das
Leugnen des direkten Einflusses der Massen-
kommunikationsmittel erwarten. Dort, wo
Originalität irrelevant ist und die Daten
abweichen (Drug Study), half man sich mit
einem kleinen Trick: die Mediamitteilungen
wurden in solche „zur Information“ und solche
„zur Rechtfertigung“ getrennt. Die infor-
mierenden Mitteilungen wurden abgestoßen,
so daß mit den Restdaten die Dominanz
interpersoneller Kommunikation wiederum
„bewiesen“ werden konnte. Am deutlichsten
zeigt Elihu Katz (The Two-Step Flow of
Communication; Public Opinion Quarterly,
Spring 1957), weshalb solche Korrekturen
nötig sind: wenn nämlich die passive Be-
völkerung in der Urteilsbildung primär von den
Meinungsführern geführt wird und die
Meinungsführer selbst primär von den
Meinungsführern oder und den von ihnen
Geführten geführt werden, kann die Massen-
kommunikation nur noch „beisteuernden
Einfluß“ haben — einem interpersonellen
Kommunikationsprozeß „förderlich“ sein;
und das wird prompt konstatiert. Es ist das
aufkommende Bild einer sich selbst führenden
Gesellschaft — einer Gesellschaft, deren
aktiver Teil (Meinungsführer) führt und deren
Führer Geführte sind, in dem viele Kommuni-
kationsforscher befangen sind und das sie

In the main, all the empirical data produced
confirm the hypothesis of the two-step flow of
communication and the higher effectiveness
of the second phase: interpersonal communi-
cation. This insight into the greater efficacy of
interpersonal communication seems however
to have so enthused some inquirers that they
separate the process from its context —
ignoring the first phase of the two-step flow —
and consider interpersonal communication as
opposed to mass communication as being
more effective in a quite general sense. The
adjunct to this false interpretation is already
to be read in 'The People’s Choice'. The book
ends with the words: "... more than anything
eise people can move other people. From an
ethical point of view this is a hopeful aspect
in the serious social problem of Propaganda.“
Probably an “ethical hope“ also prevails when
experiments are so set up that they must
actually meet the expectations, or when
contradictory results are disregarded. Thus the
opinion leaders were asked whether their
opinions were attributable to the media of
mass communication or to personal contact
(Decatur Study and Elmira Study). The not
surprising result was the more frequent
mention of personal contact. Where those
opinions are concerned in which general
social values require “a mind of one’s own“,
one may assume that only very few will forego
the Claim of originality for their own opinions.
Where the formation of ideoloqical opinions
 
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