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Unverzagt, Wilhelm
Die Keramik des Kastells Alzei — Materialien zur römisch-germanischen Keramik, Band 2: Frankfurt a. M., 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.43352#0021
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wegt. Wenige Gefäßarten, innerhalb deren sich nur ein beschränkter Formenschatz erhält,
bestimmen die Gesamtkeramik. Eine weitere bemerkenswerte Erscheinung ist das starke Her-
vortreten alteinheimischer bodenständiger Elemente. Eine in letzter Linie altgallischer Grund-
lage entsprungene Verzierungsweise beherrscht die Hauptformen der „italischen“ Sigillata-
technik, deren Vertreter sich am längsten den von der unterdrückten einheimischen Kultur
ausgehenden Einflüssen entzogen hatten. Einen zweiten Stoß von ausschlaggebender Bedeu-
tung erhält die keramische Entwicklung durch die an die Aufgabe der Rheingrenze um 410 n. Chr.
sich anschließenden Vorgänge, denen die Firnistechnik zum Opfer fällt. Ihre Herstellung
und Anwendung konnten bis jetzt noch nicht wiederentdeckt werden.
Im Rheingebiet retten sich in der Hauptsache nur zwei Gruppen aus diesem Zu-
sammenbruch, das rauhwandige, offenbar schon unter römischer Herrschaft aus einhei-
mischen Töpfereien stammende Geschirr und die in diesen Gegenden schon seit Jahrhunderten
geübte Schmauchtechnik, aus deren spätrömischen Erzeugnissen sich das nachrömische
doppelkonische Tafelgeschirr entwickelt hat. Aus beiden Arten setzt sich im wesentlichen
die merovingische Keramik zusammen, die als Bindeglied zwischen Altertum und Mittel-
alter steht und von der aus sich dann in karolingischer und noch späterer Zeit aufs neue ein
ganz langsamer Aufschwung vollzieht. Erst der Neuzeit ist es gelungen, wieder einigermaßen
die Feinheit antiken Formempfindens in der Keramik zum Ausdruck zu bringen, die dem Töpfer
des Altertums durch jahrhundertelange Tradition in Fleisch und Blut übergegangen war.
 
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