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Biographie. öl

ihm nahestand, kannte sein herzliches Wohlwollen, seine redliche,
selbstlose Gesinnung, seine Treue und unbedingte Zuverlässigkeit.

Dabei hatte er ein hervorragendes geselliges Talent, das ihn
in weiten Kreisen, auch in den vornehmsten und höchsten, beliebt
machte. Mit prächtiger Unbefangenheit gab er dem Verkehr sich
hin, selbst gewiss niemals gelangweilt, zugleich unterhaltend, wo
er erschien. Auch für die Freuden der Tafel hatte er Sinn, er ge-
hörte, um seinen eigenen Ausdruck anzuführen, zu denen, »welche
sich zum Bewusstsein im Essen erhoben haben«, auch nach dieser
Seite hin waren offene Würdigung des Guten und frohes Behagen
seine Sache. Dazu war er unerschöpflich im Gespräch, er war
bekannt als trefflicher Erzähler kleiner launiger Geschichten, die
er mit liebenswürdigstem Humor vorzutragen wusste, so dass auch
das Bekannte in seinem Munde immer wieder Beiz gewann. Zu-
gleich kamen überall sein klarer, gesunder Verstand, seine Fähigkeit,
scharf zu beobachten, sein bewundernswertb.es Gedächtniss zur Gel-
tung. Wie oft hatte man Gelegenheit, im Verkehr mit ihm den
Schatz an Lebensweisheit und Erfahrung, den er gesammelt, zu
würdigen. Seine geistigen Interessen waren höchst vielseitige. Nie
versäumte er, gute Musik zu hören. In der Literatur der verschie-
densten Völker war er zu Hause, mit den Dichtern alter und neuer
Zeit vertraut. Zu dem Allem kamen ein echt deutscher Sinn, ein
warmer Patriotismus, eine freudige Theilnahme für das Schöne und
Grosse auf allen Gebieten. Die Frische seines Wesens, welche den
Jahren trotzte, war erquickend. Immer blieb er für neue Eindrücke
empfänglich. Seine Herzenswärme äusserte sich nicht blos in der
Treue gegen seine Familie, im Wohlwollen gegen Jedermann, in der
Hingabe an die Freunde, sondern auch im Enthusiasmus für die
Sache, der ihn bei allem Wirken erfüllte und der bei der stillen
Arbeit des Forschers wie bei dem aufgezwungenen Kampfe der
letzteren Zeit aushielt.

Einst schrieb er, unter dem unmittelbaren Eindruck des Fried-
hofs von Birmingham, heim: »Klein ist die Anzahl der Menschen,
deren Andenken nicht schon mit der nächsten Generation spurlos
verloschen ist! Und so ist es auch recht, denn die Lebenden ge-
hören dem Leben an, welches sie mit all seinen Leiden und Freuden
vollauf in Anspruch nimmt. Bei alledem hat aber das Gefühl,
wie schnell der Einzelne aus dem Bewusstsein des ganzen Ge-
schlechts wie selbst der nächsten Angehörigen verschwindet, etwas
höchst Melancholisches. »Uns hebt die Welle, verschlingt die Welle,
und wir versinken», sagt daher Goethe so wahr und schön. Je
mehr indess jeder Wohlgeartete darüber zum klaren Bewusstsein
gekommen, desto mehr wird er sich zusammennehmen, die kurze,
ungewisse Frist, in welcher in dem Stückchen Staub, welches zu
seinem Körper zusammengeronnen, noch Leben pulsirt, mit seiner
ganzen Kraft zum heilsamen Wirken anzuwenden, um, wenn auch
nicht sein flüchtiges Andenken zu verlängern, doch mit dem Gefühl
 
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