Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Wahle, Ernst
Vorzeit am Oberrhein — Heidelberg, 1937

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13757#0036
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
28

Die Bauernvölker der jüngeren Steinzeit

konnte der Verfasser nur so viel erfahren, daß es zu gewissen Zeiten dabei
,nicht geheuer' sei. Ein besonderer Aberglaube, wie er zurnal in Frankreich
traditionell bei solchen Steinen vorkommt, wurde ihm nicht angegeben".
Beide Steinplatten haben also schon früh aufmerksame Beobachter ge-
funden; der Bericht Schreibers bietet uns aber nicht nur ein anschauliches
Beispiel für den „Denkmälerverlust" durch Zerstörung, der die bis dahin
erhalten gebliebenen Monumente gerade im 19. Jahrhundert betroffen
hat. Er zeigt uns einen vortresflichen Forscher, welcher durch entsprechende
Umftagen den Schaden nach Möglichkeit zu beheben sucht und das Denk-
mal bereits in den uns auch heute noch richtig erscheinenden Zusammen-
hang einreiht. Danach sind die Platten jeweils der letzte Rest einer großen
Steinkiste von westeuropäischer Art und wegen ihrer Durchlochung, an
die sich oftmals mancherlei Vorstellungen anschlossen, erhalten geblieben;
sie bargen in ihrem geräumigen Jnnern zahlreiche Tote, und das sogen.
„Seelenloch" hat dazu gedient, den Verkehr der Hinterbliebenen mit den
Verstorbenen aufrecht zu erhalten. Diesen beiden Befnnden darf ein Grab
von Auvernier am Neuenburger See hinzugerechnet werden, das zwar
schon der Bronzezeit entstammt, jedoch als eine aus Platten errichtete
Massenbestattung das Weiterleben einer alten Übung bezeugt; weiter sei
der Fundort Maracon im Waadtland genannt, wo eine alte topographische
Notiz den Rest eines großen Steingrabes verzeichnet. Gut beobachtet ist
die Massenbestattung von Aesch bei Basel, für die man statt der dort seh-
lenden großen Platten kleineres Steinmaterial hat verwenden müssen,
die aber nach Bestattungsbrauch und Grabinhalt ebenfalls hierher gehört.

DiesenGroßsteingräbern schließt man gern dieSteinsäulen^ (Menhire)
an, ohne daß ein zeitlicher Zusammenhang beider Erscheinungen bewiesen
oder auch nur wahrscheinlich gemacht ist. Übereinstimmung besteht nur in
Bezug auf den Werkstoff und die Neigung zum Monumentalen hin, die
immerhin so der Beachtung wert erscheint, daß die Wurzel beider Denk-
mälergruppen in demselben Empsinden und damit demselben Volkskreise
gesucht werden darf. Jn der Schweiz sind Menhire z. B. von Grandson
und Attiswil (Abb. 5) bekannt; bei Niederdossenbach, unweit von dem Nie-
derschwörstadter Heidensteiu entfernt, steht auf einer Muschelkalkhochfläche
ein 21/2 m hoher Granitstein. Der am weitesten rheinaufwärts befindliche
Menhir ist derjenige von Tiengen an der Wutach, den das Volk den Langen
Stein nennt. Einen anderen „Langenstein" finden wir im Schäfertal nahe
Sulzmatt im Elsaß. Bei der Mehrzahl dieser Steine handelt es sich um
verhältnismäßig große und sorgsältig hergerichtete, zumeist in die Form
 
Annotationen