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Wahle, Ernst
Vorzeit am Oberrhein — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.13757#0089
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Die Alemannen

Während des größeren Teiles der Römerzeit ist der Rhein eine Grenze.
Es erscheint bezeichnend, daß er zu einer solchen nicht durch das Wirken
seiner Anlieger wird, sondern durch das Eingreifen einer ortsftemden
Macht, die anch anderwärts ihre Grenzen gern in Flußläufe verlegt. Dieser
Vorgang droht das Oberrheingebiet gerade dort zu spalten, wo seine Le-
bensader liegt. Die alemannische Besitznahme des Landes rechts von dem
Strom löscht die Spuren der Römerzeit sehr bald und gründlich aus. Wie
war hier der nichtgermanische Bestandteil der Bevölkerung noch unmittel-
bar vor der Limeszeit durch Zustrom von links des Rheines her verstärkt
wordenl Tacitus macht ausdrücklich auf diese gallische Zuwanderung in
die sogen. helvetische Einöde aufmerksam, und im Kulturgut der Limeszeit
finden wir sie bestätigt. Jmmer größer wird hier die Menge der vordeut-
schen Ortsnamen, welche die Jnschriftsteine enthalten; und wie wenige
von ihnen bleiben in lebendigem Gebrauch! Was will es besagen, wenn im
Schwarzwald Zarten an Tarockunum erinnert und die Sülchenkapelle bei
Rottenburg an SumeloeermL. Die provinzialrömische Bevölkerung muß
hier ziemlich restlos ausgeschaltet worden sein, als die Limeslinie nicht mehr
standhielt. Vielleicht weisen die beiden nahe bei Waldkirch nördlich von
Freiburg i. Br. gehobenen Schätze uns ihre Nichtung. Denn es dürfte auf-
fallen, daß in einem erst im Mittelalter besiedelten Schwarzwaldtal nahe
beieinander sowohl ein Schatz römerzeitlichen Bronzegeschirrs auftaucht
wie ein solcher von Münzen, der um 235 vergraben worden sein muß. Man
hat das Empfinden, hier eine Schutz suchende Bevölkerung zu greifen, die
nach dem Verlust auch noch dieser Güter sich unserer Beobachtung entzieht,
auf noch nicht ermittelten Wegen später wieder zu geschichtlicher Wirksam-
keit gelangt und sich da besonders in anthropologischer Hinsicht durchsetzt.
Fast restlos gehen im Zehntland auch die Römerstädte dahin. Wenn ^rus
I'Isviao zu dem unbedeutenden Dorfe Altstadt wird — das nahe dabei ge-
legeneRottweil ist ja eine Neugründung späterer Zeit — und Lumolooonns
zu dem kleinen Sülchen, neben dem später die neue Stadt entsteht, so sind
das deutliche Hinweise darauf, daß die Städte hier die Völkerwanderungs-
und Merowingerzeit nicht überdauern. Erst spätere Jahrhunderte lassen

6 Wahle, Obcrrhein.
 
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