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Wahle, Ernst
Vorzeit am Oberrhein — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.13757#0073
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Ariovist und die Römerzeit

Wie die Kelten als Zweigvolk der Jndogermanen bestimmten Teilen
des küstenfernen Mitteleuropa entwachsen, so die Germanen einem Raum,
der sich auf Dänemark, Südschweden und den zwischen Weser und Oder
liegenden Ausschnitt aus dem Norddeutschen Tiefland beschränkt. Nirgend-
wo sehen wir anderwärts in vorgeschichtlicher Zeit ein so beständiges Wach-
sen des Volkskörpers, eine so beharrliche, sich selbst immer gleich bleibende
Entwiälung wie hier. Um dieselbe Zeit, da sich in Süddeutschland das
bodenständige Volkstum gegen die illyrische Überfremdung zur Wehr setzt,
erreichen die Grenzen des germanischen Siedlungsgebietes den Rhein
abwärts der Lippemündung. Eine in die Folgezeit fallende große Gebiets-
erweiterung, die vor allem links des Stroms vor sich geht und das Nieder-
rheinische Tiefland zum Ausgang hat, gelangt in südlicher Nichtung nur
bis zur Saar und berührt uns deshalb hier nicht; ihre Träger werdenzu-
meist keltisiert und erscheinen bei Cäsar und Tacitus im wesentlichen als
Kelten, die sich germanischer Abstammung rühmen. Jn den letzten Jahr-
hunderten v. Chr. sehen wir neben dieser Ausweitung des germanischen
Wohnraumes durch die Jnbesitznahme neuer, an die bisherigen Siedlungs-
gebiete angrenzender Landschaften auch die Abwanderung größerer Ver-
bände in die Ferne. Ob die Wanderungen der Kelten hier Vorbild sind, sei
dahingestellt. Zusammen mit den ostgermanischen Bastarnen, welche um
200 v. Chr. bereits am Schwarzen Meer erscheinen, dürfen vielleicht die
oretanischen Germanen im südlichen Spanien, sicher aber die Kimbern
und Teutonen genannt werden, deren Kraft in nutzlosen Reibungen dahin-
geht. Das letztere gilt auch von den Gaesaten, die unter den Truppen der
oberitalischen Kelten gegen den Ausgang des 3. Jahrhunderts v. Chr. be-
gegnen und vielleicht als ein im oberen Rhonegebiet ansässig gewordener
Germanenstamm aufzufassen sind^. Wie man für diese Zeit mit germani-
schen Scharen zu rechnen hat, die, vom Volksganzen losgelöst, ihr Schicksal
zu meistern suchen, lehrt das ganz unvermittelte Auftreten von Germanen
unter den Hilfstruppen, die Cäsar 52 v. Chr. vor Alesia zur Verfügung hat.

Aber schon vor diesem Zeitpunkt sind die Germanen als feste Siedler
im östlichen Gallien. Divitiacus sagt in seiner Rede vorCäsar, daß Arverner

2 Wahle. Oberrhein.
 
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