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Weber, Siegfried
Die Entwickelung des Putto in der Plastik der Frührenaissance — 1898

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https://doi.org/10.11588/diglit.49108#0074
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Donatello und seine Schüler und Mitarbeiter.

schuppigen, wenig gerippten Federn am oberen Ansätze der
Flügel bilden eine geringe Analogie. Desto grösser ist die
Ähnlichkeit in den Gesichtern. Meinen wir doch den Burschen
rechter Hand in der alten Sakristei am linken Reigentänze in
der vierten vorderen Figur (auf unserer Tafel nicht sicht-
bar) wiederzuerkennen, den an demselben Brunnen linker Hand
jedoch in der zweiten Figur von der Mitte aus (auf unserer
Taf. II die zweite von rechts. Dieselbe gleicht ausserdem sehr
dem auf dem Schlauch rechts sitzenden Kinde der neuen
Sakristei), während das links neben ihm tanzende Mädchen ge-
nau dem auf dem Schlauche links sitzenden Flügelkinde in der
neuen Sakristei gleicht. Von Einzelheiten sind es hauptsächlich
die stark zwischen Nase und Mund hervortretenden übertrieben
pausbäckigen Wangen, die Bildung des Mundes mit den sehr
dicken Lippen und die breite, in grossen Zügen gehaltene Haar-
behandlung, welche in beiden Monumenten in gleicher Weise auf-
fällt; auch die Behandlung der Arme und Beine ist im wesentlichen
die gleiche volle und fleischige, und die ganzen Gestalten sind in
grossen, vollen, markigen Zügen gegeben1, so dass ich meine, dass
man mit ziemlicher Sicherheit in der linken Hälfte der Sänger-
tribüne die Hand des Andrea di Lazzaro Cavalcanti erkennen
kann. Doch haben wir nicht schon ganz ähnliche Eigentüm-
lichkeiten an einem Relief der Prato-Kanzel gefunden? Fiel
uns nicht am dritten Feld von links (Taf. I) bereits die ur-
wüchsige Derbheit bei vortrefflichem Rhythmus der Bewegung
auf? Vergleichen wir einmal dieses Feld der Aussenkanzel zu
Prato im einzelnen mit der linken Hälfte der Vorderseite des
Orgellettners, sowie mit dem Sakristeibrunnen, so werden wir
1 Interessant ist, wie Buggiano die Arbeit in grossen Zügen, die er
an den Kanzeln unter Anweisung Donatellos gelernt hat, auch in der Bil-
dung der Kinder am Brunnen anwendet, ja weiter bildet und dadurch über-
trieben derb wird. Auch eignen sich dieselben Formen, die für die Kanzeln
auf Untersicht berechnet, gut wirken, nicht auch für die Nähe, in welcher
sie dem Auge an dem Brunnen gerückt sind. — Auch hier tritt eben der
Unterschied zwischen Schüler und Meister deutlich hervor.
 
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