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Drittes Kapitel. Briefe.

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Da Ihr mir zusagtek, wenn Ihr Muhe haben solltet, so wollet
Ihr den EuklidesZ ins Deutsche übersetzen, wollte ich gerne wissen,
ob Ihr etwas daran gearbeitet habt.
Des christlichen Glaubens halber müssen wir in Schmach und
Gefahr stehen, denn man schmäht uns Ketzer, Z heißt uns Ketzer.
Aber Gott verleih uns seine Gnade und stärke uns in seinem Worte;
denn wir müssen Gott mehr gehorsam sein denn dem Menschen.
So ist es besser, Leib und Gut verlieren, denn daß von Gott Leib und
Seele in das höllische Feuer versenkt wird. Darum mache uns Gott
beständig im Guten und erleuchte unsere Gegnerschaft, die
armen, elenden, blinden Leute, auf daß sie nicht in ihrem Jrrsal
(Irrtum) verderben. Hiemit seid Gott befohlen!
Ich schicke Euch Zwei Angesichte, von Kupfer gedruckt,Ihr
werdet sie wohl kennen.
Von neuen Mären ist zu dieser Zeit nicht gut zu schreiben, aber
es sind viele böse Anschläge^) vorhanden. Es wird allein der Wille
Gottes geschehen.
Euer Weisheit Albrecht Dürer.

p Eukleides, griechischer Philosoph, Vater der Geometrie, lebte um 300 vor
Christus in Alexandria. Von seinen Werken ist das hervorragendste LtoicbeiL („Ele-
mente" der reinen Mathematik), das noch heute als Grundlage aller geometrischen
Lehrbücher gilt.
?) Es scheint, daß manche den Künstler wegen seines Verkehres mit Neugläubigen
noch im Verdachte hatten, er sei ein Anhänger des Luthertums, und ihn einen Ketzer
nannten. Dürer wehrt sich gegen eine solche Bezeichnung und will als treuer Sohn
der allgemeinen Kirche, welcher gute Werke tut, betrachtet werden. Luther
dagegen hatte sich von der katholischen Kirche getrennt und die guten Werke verworfen:
„Sie sind nichts vor Gott"; der Glaube allein sollte selig machen.
s) Es sind die Kupferstiche des Kurfürsten Friedrich von Sachsen und seines
bewährten Freundes Pirkheimer; in letzterem hatte der große Künstler seine ganze
Meisterschaft aufgeboten, um seiner Freundschaft ein würdiges Denkmal zu setzen.
Es ist geradezu das schönste und gediegenste Porträt, welches wir von Dürers Meister-
hand kennen.
ch Die dunklen Worte verraten die nämliche Gesinnung, welcher sein energischer
Freund Pirkheimer unzweideutigen Ausdruck verlieh. Denn im gleichen Jahre 1524
klagte der kaiserliche Rat über den Ratsschreiber Spengler und den lutherischen Pre-
diger Osiander: „Ein stolzer Schreiber ohne alle Ehrbarkeit" und „ein hoffärtiger
Pfaffe ohne alle Erfahrung sollen eine so löbliche Stadt wie Nürnberg eigenmächtig
regieren und alle Dinge nach ihrem Willen korrigieren; was sie wollen, muß recht
und geändert sein." Die „bösen Anschläge" galten namentlich den Klöstern, in welcher
auch Schwestern und Töchter Pirkheimers zufrieden lebten und verdienstlich wirkten;
Osiander eiferte gegen religiöse Kunstgegenstände, insbesondere gegen den „Rosen-
Weber, Dürers Schriftlicher Nachlaß. Z
 
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