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Wegner, Max
Hadrian, Plotina, Marciana, Matidia, Sabina — Das römische Herrscherbild, Abteilung 2 ; 3: Berlin, 1956

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https://doi.org/10.11588/diglit.42301#0077
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man nicht ansieht, daß sie einen Mann im zunehmenden Alter von fünfzig bis neunundsechzig Jah-
ren wiedergeben müßten, weil Trajan eine kernige, durchaus echte und eindeutige Natur war.
Hadrian erscheint in seinen Bildnissen recht ungleich und unausgeglichen. An keiner Stelle meint
man den Angelpunkt zu finden, wo man ihn faßt. Immer entgeht er uns; er wirkt wie verstellt oder
scheint auf der Flucht zu sein - durch die weite Welt und vor sich selbst, ein homo ludens dessen, was
anderswo gebildet war oder Glaubensinhalt. Das Animula-Gedicht Hadrians läßt etwas von dieser
Ungelöstheit und Unstetheit ahnen, obwohl dieses Gedichtchen weniger als Maxime für Hadrian im
ganzen verbindlich ist, sondern eher verstanden werden muß als ein Gelegenheitsgedicht ephemerer
Stimmung im Krankenzimmer und vorgerücktem Lebensalter - nach der enttäuschenden Erfahrung,
daß vieles von dem, was das Leben ausmachte, scheinhaft war, daß alle geleistete Lebensaufgabe
dem Leben noch keinen beglückenden Inhalt gab. Wer wollte dem Handeln Hadrians den ernsten
und guten Willen abstreiten! Aber sein Wirken erwächst nicht einer gesunden Beschaffenheit, tüch-
tiger Natur und innerer Gewißheit. Man meint, daß Hadrians Bildnis den unfrohen Zug und oft
etwas Verkrampftes hat, weil Hadrian mit Willen, Unternehmen und Leisten seine Natur überfor-
derte. Bei allem Gräcisieren ist er von einem Griechen früher und klassischer Zeit so verschieden, daß
man ihn mit Recht als Graeculus verspotten konnte. In all diesem liegt wohl die Zwiespältigkeit
zutage, die der Geschichtsforscher an Hadrian hervorhebt und die der Archäologe an der Vielgesich-
tigkeit der Bildnisse erfährt.

Hadrian
 
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