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V. Die Gans auf den Denkmälern des Mars.

Unter den Bildmotiven, die in dem Werkstättenkreis um Saciro Verwendung fanden,
steht Mars mit der Gans an erster Stelle. Außer den Darstellungen des thronenden Mars
auf der ersten Thorsberger Scheibe (Taf. 3 u. 4), den beiden Bonner Blechen (Taf. 8, 2 u. 8)
und dem Kästchen von Ujmajor (Taf. 10, 3) fand sich das Kopfbild des Gottes mit der Gans
auf den Blechen von Wiesbaden und Faimingen (Taf. 8, 4 u. 6). Das häufige Vorkommen
des Motivs bei Saciro und seine vierfache Wiederholung auf der Randzone der ersten Thors-
berger Scheibe beweisen, daß sich mit der als Mars dargestellten Gottheit und ihrem Attribut,
der Gans, in der römischen Provinz Niedergermanien in der Zeit um 200 n. Chr. eine ver-
breitete religiöse Vorstellung verband.
Es war schon bei der Behandlung der Werkstatt des Saciro darauf hingewiesen worden,
daß unter den provinzialrömischen Kleinaltertümern allein bei den niedergermanischen
Kästchenblechen des Saciro-Kreises, bei den römischen Paraderüstungen und bei einer
silbernen Schöpfkelle von Wettingen in der Schweiz die Darstellung des Mars mit der Gans
angetrofien wird. In der von F. Drexel1) zusammengestellten Gruppe römischer Parade-
rüstungen und eng zugehöriger Denkmäler finden sich zwei Bleche von Szamos-Ujvar in
Siebenbürgen und ein bronzenes Weihrelief von Traismauer in Niederdonau, beide mit
dem Bilde des stehenden Mars mit der Gans.
Im Alenlager von Szamos-Ujvar (rum. Gherla), nordöstlich Klausenburg, dem Standort
der ala II Pannoniorum, wurden im Jahre 1835 zwei 63,5 cm hohe Bronzeb’leche mit dem
Bilde des gerüsteten, stehenden, unbärtigen Mars gefunden (Taf. 16, 1) 2). Der jugendliche
Gott ist mit Tunica, Panzer und Paludamentum bekleidet; er trägt einen buschigen Helm,
Beinschienen und Lederschuhe. Um den Schaft seiner Lanze windet sich eine Schlange,
während rechts zu seinen Füßen eine Gans zu ihm aufblickt. Rechts neben dem Helm
ist eine Victoria mit Kranz sichtbar. Ein unteres, abgeteiltes Feld ist mit einer Scylla aus-
gefüllt. Die Verwendung der beiden völlig übereinstimmenden Bleche, mit denen zwei mit
Ganymedbüsten verzierte Bleche geschweifter Form zusammengefunden wurden3), ist
unbestimmt; ihre Zeitstellung ist durch die Dauer der Besetzung Dakiens (frühes 2. Jahr-
hundert bis etwa 270 n. Chr.) nur annähernd festgelegt.
Aus dem Kastell Traismauer, dem Standort einer ala I Augusta Thracum, stammt das
dreieckige Bronzeblech Taf. 16, 24). Es handelt sich um ein Weihrelief, das mit seiner
Rückseite an einem gleichgeformten Dolichenusblech befestigt war und wohl in einem
Heiligtum des Lagers auf gestellt gewesen sein dürfte. Uber dem jugendlichen Mars mit
Lanze und Schwert und der ihm zugewandten Gans befindet sich in einem besonders
abgeteilten Feld die Büste der Luna über der Mondsichel.

') Strena Buliciana (1924) 55ff.
2) Arch. Zeitung 16, 1858, 149ff. u. Taf. 112 (P. Wieseler); Österr. Jahresh. 11, 1908, 232 Abb. 104 (R. Münsterberg);
Strena Buliciana 61 u. Abb. 14 (P. Drexel).
3) Drexel a. a. O. 59 u. Abb. 9.
4) Westd. Zeitsehr. 14, 1895, 60 mit Taf. 4,2; Österr. Jahresh. 11, 1908, 229fi. Abb. 99f. u. Taf. 7; Strena
Buliciana 60 mit Abb. 11—13.

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