Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
23

keit nach vorzustehen". Dieser hatte jedoch dort noch einige Sachen zu besorgen.
Am 19. April schrieb Franz Erwin, der Bischof wolle die Verzögerung nicht
ungnädig aufuehmen, da ihm Seitz bis jetzt dort nötig gewesen sei, den er „noch-
malen zu hohen Gnaden rekommandierte". Ende April war dieser wieder hier,
und am 6. Mai trat das ueugebildete Bauamt zur ersten Sitzung zusammen.
Es beschloß, genau nach der Verordnung des Bischofs zu verfahren und die
Protokolle den Akten zu inserieren, das Ganze binden und am Jahresschlüsse
mit einem Inder versehen zu lassen.
Die schon vor Seitz' Ankunft in Angriff genommene Arbeit am Kammer-
flügel machte große Fortschritte, so daß Schönborn am 27. Mai den Grund-
stein legen konnte. In ihn schloß er eine Bleitafel mit einer vom geschickten
Kapuzinerpater Anselm verfaßten und eingegrabenen Inschrift, ferner vom
Papst geweihtes Wachs, ein spanisches Kreuz und eine geweihte Medaille ein.
Über den Bau schrieb der Bischof kurz darauf (9. Juni) an seinen Bruder Franz
Erwin, Seitz sei in voller Arbeit begriffen; an dem begonnenen Seitenflügel
werden zwei Stockwerke d. i. der Keller und das Erdgeschoß gewölbt, wobei
seine Gegenwart alle Momente um so nötiger sei, als man in hiesigen Orten
dergleichen Gebäude nicht viel sehe.
Die Arbeitsstätte mit dem gewaltigen Betrieb bot ein reiches Bild. Der
strenge Bauherr verlangte pünktliche und fleißige Arbeit; er gönnte den Ar-
beitern aber auch ein Vergnügen. Anfangs Juli erhielten die Maurer und Hand-
langer „Gnadentrunkwein", und es gab ein frohes Sommerfest, bei dem auch
der Tanz nicht fehlte. Zur Hitze des Sommers kam das Feuer des Weines.
Plötzlich wurde das Bild freudigen Friedens durch Streit gestört. Der Maurer-
polier Karle suchte zu schlichten und traf mit starker Faust den Friedensstörer,
daß er blutete. Das Bauamt sprach über die Frevler die Entlassung.
Mit dem Fortschreiten des Baues fiel auch die feinere Steinhauerarbeit
nötig, namentlich die zwei Hauptportale. Zöller lieferte nach dem bisherigen
Akkord Gesimse und glatte Arbeit, den laufenden Schuh zu 7 Kreuzer, „ver-
kröpfte" Fenster zu 9 Kreuzer. Daher mußte das Bauamt am 14. August ein
neues Abkommen mit ihm treffen. Ende August waren 18 Balken und das Holz
zur Erhöhung des Gerüstes und zum Dach notwendig. Das Bauamt schickte den
Überschlag den: Bauherrn, der in Konstanz weilte, zu, und am 19. August ver-
akkordierte es mit Schultheiß Schütterlin in Kehl die Holzlieferung, in: ganzen
1280 Stämme für 1601 Gulden 10 Kreuzer. Die eine Hälfte mußte in fünf
Wochen, die andere noch vor Allerheiligen in Philippsburg hinter dem Rheiu-
rempart eintreffen. Von dec Pfalz, von Baden und Durlach wurde Zollbefreiung
erwirkt.
Im Spätjahr begab sich Schönborn für einige Wochen nach Kirrweiler. Aus
dem Bericht, deu das Bauamt am 17. November an ihn richtete, erfahren wir
einiges über den damaligen Stand des Baues. Das Kreuz oder der Querteil
war um einige Schuh zurückgeblieben, weil von den zur Galerie im Saale
nötigen Tragsteinen erst drei geliefert waren. Der Bischof mahnte, hierfür nur
 
Annotationen