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noch gerettet werden kann. Deswegen wird fast alles von einander getrennt,
hat aber dennoch seine Verbindung, hat viel Hof und Separationen. Der Resi-
denzbau liegt im schönsten Prospekt auf einer Anhöhe, die man nicht merkt,
innerhalb des dazu gehörigen Gartens bis 25 und bis an den Rhein 100 Schuh
Gefall. Wasser gibt es genug, der Steinbruch ist in der Stadt ungefähr 2000
Schritt entfernt und enthält lauter schwarzen Marmor. Im Steinbruch brennt
man Kalk, Sand findet man auf dem Bauplatz in den Fundamenten, das Eichen-
holz 3/4 Stund vom Platz. Das Fichtenholz mutz man allerdings von Stratzburg
den Rhein herunterholen und die gehauenen Steine auf drei Stund weit.
Mit diesem schönen Bilde wollte Schönborn offenbar das Interesse seines
Bruders für den Bau wecken; aber die erwartete Nachricht kam nicht. Da schrieb
er nochmals am 29. Mai. Er bedauerte, datz sein und seines Bruders Bauwesen
den Werkmeister gleichzeitig in Anspruch nehme. Trotz der fortgeschrittenen
Jahreszeit sei auf dem Land mit der Bauarbeit noch kein Anfang gemacht.
„Das Fundament in meinem grotzen Kirchenbau ist nun auch heraus und wird
die künftige Woche ganz fertig." Wenn dann kein Werkmeister da sei, müsse alles
aufhören, „weilen nicht einmal der Ritz noch gemacht ist", viel weniger die Säulen,
oder was sonst dazu gehöre, abgeredet und mrgeordnet sei. Er könne daher un-
möglich mit Geduld Zusehen, sondern nrüsse bitterr, datz Seitz entweder komme
oder erkläre, datz er wegen der Arbeit oben die hiesige nicht besorgen könne.
In letzterem Falle sei er, der Bischof, entschlossen, einen Baumeister von Rastatt
in Bestallung zu nehmen. „Es wäre mir leid, wenn der Seitz dieses grotze Werk
nicht ausführte und die Occasion versäumte, diese Reputation zu gewinnen,
eine so konsiderable Residenz ausgeführt zu haben, welche Gelegenheit er schwer-
lich alle Tage finden wird."
Die Verhältnisse sind aus den Akten zur Genüge geklärt, um die Behaup-
tung Schönborns, nicht länger warten zu können, anzuerkennen. In Geduld lietz
er die zwei Urlaubsmonate Seitz' verstreichen und bat dann um seine Rückkehr.
Datz dieser die zusagende Antwort nicht gab, lätzt erkennen, datz er nicht wollte.
Der Bischof lietz weitere 14 Tage verstreichen, und da die erbetene Antwort
nicht kam, bestellte er am 12. Juni „Michael Ludwig Rohrer mit Vorwissen
und Konsens Ihrer Hochs. Durchlaucht der Frau Markgräfin zu Baden-Baden"
zu seinem Baumeister. Der Jahresgehalt betrug 300 Gulden nebst freier Kost
und Wohnung und dem Unterhalt zweier Pferde. Im nächsten Briefe aus
Wiesentheid erzählte Franz Erwin vom guten Fortgang seines Bauwesens.
Damian Hugo erwiderte am 28. Juni, datz es ihm schlecht gegangen sei. Es seien
jetzt 14 Wochen, datz Seitz gegen seinen Willen das hiesige Bauwesen verlassen
und seine Geduld sehr mitzbraucht habe. In der Not habe er den Baumeister
von Rastatt, wo drei seien, zu Hilfe genommen. Zwei Baunreister könne aber
das arme Hochstift Speier nicht bezahlen. Franz Erwin könne also den Meister
Georg so lang behalten, als es ihm gefalle, in Bruchsal brauche man ihn nicht
mehr. Die Nachricht von diesem Abschied ging von Wiesentheid nach Mainz mit
dem Beisatz, datz Seitz „sich leicht darein gefunden".
 
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