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Wiegand, Theodor [Editor]
Palmyra - Ergebnisse der Expeditionen von 1902 und 1917 (Text) — Berlin, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.1808#0052
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DAS III E \TI. K

türen überdeckte, mit Steinplatten flach abgedeckt und hatten, eben nur zur Erleichterung des Mauerwerks angelegt, keine
Tür; auch oben darüber werden sich solche Hohlräume befunden haben, vielleicht in Verbindung mit den hier vorauszu-
setzenden Treppen.

So tief wie die eben genannten Thyroreia waren die hinter den anderen Türen nicht, obwohl die mittlere etwas vorgerückt
war; sie werden auch überwölbt gewesen sein. Die Türen selbst hatten aber an der Frontwand immer einen geraden (regel-
mäßig entlasteten) Sturz, wie üblich vorn mit Faszien und wo sie noch kenntlich sind mit doppeltem Kvma und mit Lvsis,
hinten mit zwei oder drei Faszien und einfachem lesbischem Kyma. Die Dekoration über dem Sturz ist insofern einfach, als das
Hvperthyron samt Geison und Ohren unterdrückt und nur eine Sima vorhanden ist, die bei der Regia, mit Akanthusblättern,
Palmetten und dazwischen oben je einer Rosette verziert, von einem Eierstabkyma und einer Pfeifenlysis bekrönt wird; die
Zwickel des Eierstabes bestehen aus Pfeilen und Rauten; bei den Hospitalien (Tafel 24) hat die Sima noch einen Astragal,
ihre Anthemien sind mit Ranken versehen und das Kyma ist lesbisch. Noch einfacher waren die Nebentüren dekoriert.
Für eine Dekoration der Wand selbst, mit Aediculen, um darin Statuen aufzustellen, bot sich dem Architekten wegen der engen
Säulenstellung nur über den Türen Gelegenheit, und hier kam die Aedicula über der größeren Regiatür höher zu stehen, als
über den niedrigeren Hospitalien und deren noch niedrigeren Nebentüren. Diese letzteren konnten sogar noch in einer unteren
Dekorationslage eine kleine Konche aufnehmen (s. Taf. 23, 24), die von Pilastern eingefaßt war und in Kapitellhöhe einen mit
Rosetten verzierten Wandkopf hatte; auf ihren Grund war ohne Beziehung zu dem Theater die palmyrenische Inschrift
Sobernheim II Nr. 18 (S. 24) gemalt. Die in die Wand flach vertieften Aediculen hatten rechts und links je eine (verschwundene)
Säule, die auf einer oben und unten einfach profilierten Bank ruhten und über dem verkröpften, über die Wand fortlaufenden
Gebälk korinthischen Stiles einen Giebel der jüngeren Form (wie in Baalbek) trugen, dessen Tympanon bogenförmig ausge-
schnittenwar. Die Sima hatte ein Pfeifenornament und Eckakroterien, aber kein Mittelakroter; zwischen den Mutulen Blätter
oder Blüten, einmal auch eine Muschel.

Etwas reicher wardie Aedicula in der Regia gebildet. Sie hatte im Grunde eine Konche (Tafel 23 links) und die unter den
beiden Säulen verkröpfte Bank war oben mit Astragal und Pfeifensima verziert, an der Unterfläche mit Kassetten, da sie nicht,
wie bei den anderen, unmittelbar auf dem Türsturz aufsaß.

Die großen Versurenöffnungen waren wie Straßenbögen gewölbt, die Archivolte mit einem Ornamentwulst versehen und
über dem Bogen saß, den anderen Aediculen in Höhe und Größe entsprechend, auch eine Aedicula, wovon wenigstens die
Bank (oben mit Astragal und Pfeifensima) erhalten ist.

Der letzte große Schmuck der drei Bühnenwände, die Columnatio, war korinthischen Stiles und stand auf einem hohen, vor
den Türen unterbrochenen Podium der üblichen Gestalt. Die Art der dicht an die Wand gerückten Säulenstellung zeigt der
Plan; besonders zu bemerken ist nur, daß neben der Regiatür ein Pflaster mit den Säulen korrespondiert. Die monolithen
Schäfte sind glatt, die Kapitelle überall verwittert. Über den eben genannten Pilastern läuft sich das Gebälk tot, aber an den
Türen, auch wohl an den Versurentüren, biegt es zur Wand hin um und setzt sich an derselben fort. Das Gebälk zeigt normale
Formen, das Epistyl mit doppeltem Kyma und Lysis, den Fries mit einem Laubstrang, das Geison mit einfachen Konsolen,
die Eierstäbe mit Pfeilen, Rauten und anderen Zwickelbildurgen, die Sima locker und rankenlos mit Akanthusblättern, Pal-
metten und glatten Blättern besetzt. Von dem zweiten Geschoß ist nichts als das Pluteum, wie gewöhnlich mit glattem les-
bischem Kyma, ohne Spur des weiteren Aufbaues, erhalten, aber wie schon gesagt, ist wegen des B.egiabaldachins nicht nur
ein zweites, sondern auch ein drittes Geschoß wahrscheinlich.

Den uns bekannten reicheren Bühnenfronten ist meistens eigentümlich, daß in der eckigen oder runden Regianische vor
der großen Tür ein Vorbau steht, der als Propylon des Königspalastes aufgefaßt werden kann. In Palmyra war es ein balda-
chinartiges Tetrakionion, wovon noch drei der glatten monolithen Säulen mit dem Epistyl und einem Teil der Kassetten decke
aufrecht stehen - auch dies ein ganz besonderer Vorzug, der das palmyrenische vor allen anderen römischen Theatern aus dem
Altertum hat. Die Säulen sind größer und höher als die vor der Bühnenwand (Abb. 40,42), daher wird der ganze ursprüngliche
Baldachin- oder Propylonbau zu der Wand in demselben Verhältnis gestanden haben wie an der Bühne des Theaters von
Orange1): es hatte nur zwei Geschosse, die den drei Geschossen der Wand in der Höhe gleichkamen. Die Säulen standen je
auf Einzelsockeln, die in Maaßen und Formen mit dem Podium der Columnatio übereinstimmten. Die Kapitelle haben gegen-
über den sonst in der Stadt beobachteten Formen nichts Eigentümliches; die Abacusblume entspringt unter den kleinen Voluten
aus einer besonderen Blüte und der Eierstab am Abacus ist flach und nur wenig ausladend. Das Epistyl liegt nur noch über den
beiden Säulen rechts, griff rückwärts in die Wand ein (trotzdem sind hier die drei Faszien mit einfachem Kyma und mit Lysis
in Bosse angelegt) und war vorn, wo eine sehr große Spannung überdeckt werden mußte, auf Gehrung geschnitten; es ist
auch zu erkennen, daß es über der Regiatür vor der Wand vorsprang. An den Fries, der nur außen ein eichelartiges Orna-
ment gehabt zu haben schien, war innen die flach gewölbte, sehr verwitterte Kassettendecke angearbeitet (der erhaltene Block
ist Teil eines scheitrechten Bogens; einen zweiten im Sande liegenden vermochten wir nicht umzudrehen). Das Geison fehlt,
samt allen anderen Stücken des zweiten Geschosses.

l) Durm, Baukunst der Etrusker und Römer3 S. 651 und 656.
 
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