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Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Palmyra - Ergebnisse der Expeditionen von 1902 und 1917 (Text) — Berlin, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.1808#0053
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Abb. 43, Grabturme der Westnekropole, von 1. nach r. 19, 15, 7, 4, 5, 13

IX. DIE NEKROPOLEN

; von

Orns-

FÜR den Besucher Palmyras, der sich von Westen her dem Stadtgebiet zu nähern pflegt, bleibt es einer der merkwürdig-
sten Eindrücke, wenn plötzlich in der Ferne in der Wüste an und zwischen niedrigen Hügeln, die den Ausblick nach der
Stadt selbst noch verdecken, wie Festungstürme die Ruinen der Grabdenkmäler sichtbar werden. Es zieht sich hier im Westen bis
zur Stadt eine große Nekropole hin, die im wesentlichen dem Laufe des heutigen Wädl folgt und von der einige Hauptmonu-
mente in ihrem früheren Zustand durch die Veröffentlichungen von Wood und Cassas der Wissenschaft geläufig sind. Eine
zweite nicht weniger reiche und ausgedehnte Nekropole liegt im Nordwesten der Stadt, eine dritte im Südwesten, in der unter
zahlreichen unterirdischen Kammergräbern auch das durch seine Gemälde ausgezeichnete Grab sich befindet, das durch die
Veröffentlichung von J. Strzygowski, Orient oder Rom, 11 ff", bekannt geworden ist, eine vierte, ganz isolierte im Süden,
etwa 3 km von dem heutigen Dorfe entfernt (vgl. den Übersichtsplan Tafel 26, 1). Nach jahrhundertelanger Verwendung
und Beraubung durch arabische Siedler sind in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts die Monumente dieser Nekropolen
in unbeschreiblich barbarischer Weise systematisch zerstört worden, um ihren bildnerischen Schmuck herauszureißen und in
den Kunsthandel zu bringen. Auf diese Weise sind in fast alle größeren Kunstsammlungen der Welt leider ohne genaue Her-
kunftsangabe Proben palmyrenischer Grabskulpturen gelangt; die geplünderten Monumente selber aber mit ihren des bildne-
rischen Schmuckes beraubten Architekturen sind dem Verfalle preisgegeben. Was von Bildwerken noch an Ort und Stelle
verblieben ist, verschwindet immer mehr, zertrümmert und zerschlagen von der Hand unwissender und fanatischer Beduinen
und Hirten. Eine Bestandsaufnahme dessen, was bis heute geblieben ist, faßten schon im Jahre 1907 Kohl und Watzinger bei
einem kurzen Besuche von Palmyra im Auftrage der Deutschen Orient-Gesellschaft als dringende wissenschaftliche Aufgabe
ins Auge. Dies gab 10 Jahre später die Anregung, bei unserem längeren Aufenthalt wenigstens einen Teil dieses Planes in
die Tat umzusetzen. In der Zeit vom 7. bis 25. April 1917 haben wir den Bestand der über der Erde erhaltenen Monumente
und die Pläne der vier Nekropolen aufgenommen. Es wurden mittels 50 m-Stahlbandmaß etwa 200 m lange zweigeteilte an-
nähernd ebene gerade Basislinien ausgesteckt und von deren drei Standorten aus mittels einer größeren Winkeltrommel die
Monumente und sonstigen bemerkenswerten Punkte angeschnitten. Bei den Denkmälern wurde jeweils ein möglichst allseitig
sichtbarer scharfer Punkt, etwa das obere Ende einer Gebäudeecke, als immer wiederkehrendes Ziel gewählt. Durch mehr-
faches Anschneiden ein und derselben Punkte von mehreren Basen aus und unter Zuhilfenahme der Nordrichtung wurde dann
wieder eine Verbindung der Basen untereinander erzielt. Schließlich wurde das Gelände beim Durchwandern nach Augenmaß
und unter Verwendung von Schrittzählung skizziert. Nur einzelne charakteristische Punkte wurden ebenfalls von der Basis aus
angeschnitten und Höhenwinkel dazu gemessen. Mit dieser Planaufnahme Hand in Hand ging eine oft nur auf vier Grundriß-
maße beschränkte oder zu einem kleinen Grundrißplänehen ausgestaltete Vermessung und Beschreibung der einzelnen Monu-
mente. Die Orientierung wurde jedesmal soweit dies irgendmöglich war an mehreren Seiten mittels einer Diopter-Hand-
bussole bestimmt. Die im Text angegebenen Zahlen bezeichnen die ohne Berücksichtigung der Deklination gemessene Richtung
des Eingangs im Erdgeschoß von außen nach innen.

Bei der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit und der dadurch bedingten gedrängten Arbeit mußte sowohl auf eine erneute
Aufnahme der von Wood und Cassas schon abgebildeten und beschriebenen Monumente als auch auf die Untersuchung einiger
sehr entfernt liegender Türme verzichtet werden. Auch auf die Beschreibung noch vorhandener Skulpturen und die Abschrift
von Inschriften wurde im allgemeinen verzichtet. Ohnehin gelang es, eine große Reihe der noch vorhandenen Inschriften
mit bereits publizierten zu identifizieren; auch die neuere, seit unserer Aufnahme erschienene Literatur wurde, soweit uns
 
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