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Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Palmyra - Ergebnisse der Expeditionen von 1902 und 1917 (Text) — Berlin, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.1808#0084
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DIE NEK.ROPOLEN

die vorhergehenden Aufzählung und Beschreibung). Platte I (entspricht der Platte IX) gibt uns durch die der Gehrung
gegenüberliegende Seite mit dem Rücksprung und die Anordnung der Kassettendekoration über den Grundriß der darunter
gehörigen Wand Aufschluß. Für die zurückliegende Ecke paßt eines der in Taf. 42 A wiedergegebenen Pfeilerkapitellchen.
Das schmale Wandstück der eigentlichen Zungenwand findet sich an ein Viertelsäulen - Schaft - Fragment angearbeitet
(vgl. Taf. 42 C). Platte II und entsprechend VIII gibt übereinstimmend mit den Podienmassen die Breite des Triklinien-
raumes an der untersten Faszie des Epistyls gemessen 226 cm. Bei der folgenden Platte III (VII) mit nur einseitiger
Gehrung ist das entsprechende Maß 202 cm. Dann folgt Platte IV (VI) (beiderseitig gerade) mit 210 cm Länge.
Mit der Hälfte der nächsten ebensolangen Platte V erreichen wir die Axe des Raumes. Das nur schmale Wandauflager
der Platten - es beträgt 30, einschließlich des Wandabschlußprofils etwa 40 cm - genügte natürlich nicht, diese
schweren Kassettenplatten frei „vorkragend" zu halten. Sie bedürfen mindestens je zweier Stützen an ihrer Vorderkante.
Hierauf nehmen die 26 cm breiten, gegen die Kassettierung 7 cm abgesetzten Sofitten Rücksicht. Schon hieraus ergibt
sich das ungefähre Maß der Pfeilerchen, das uns gestattet, ein Blattkapitellchen mit anschließendem glatten, auch an der
Untersicht bearbeiteten Balken zu lokalisieren (siehe Taf. 42 A). Die Sarkophage hatten so knapp zwischen diesen
Deckenstützen Platz, daß einer sogar an beiden Ecken eine Abarbeitung zeigt (siehe Taf. 39, Grundriß, Skizze des
Erhaltungszustandes der Nordwestecke.) Für trennende Wände, so daß jeder Sarg in einer richtigen Nische stände, wäre der
Raum nur äußerst beschränkt oder gar nicht vorhanden. Außer der geglätteten Untersicht ergibt sich aber im folgenden noch
ein weiterer Beweis dafür, daß keine trennenden Zwischenwände vorhanden waren. Der Figurenfries (Abb. 73 und 74) läßt
sich nach seiner der Triklinienwand folgenden Fundlage gar nicht anders verbaut denken, als hinter den Sarkophagen, tunlichst
hoch hinter denselben, damit die liegende Figur auf dem Sargdeckel die Darstellung des Frieses nicht verdeckt. Es ist
eine für Palmyra charakteristische Anordnung, wenn wir hinter den auf ihren Klinen ruhenden lebensgroßen Figuren die
Diener der Entschlafenen in verkleinertem Maßstab und meist nur im Relief in feierlichem Zuge vorüberziehen sehen. Merk-
würdigerweise läuft aber an der Unterkante aller beim Grabtempel 86 gefundener Wandreliefs ein Kehlprofil durch und nimmt
auf die pfeilerartigen, die Gruppen von 4-5 Personen trennenden Flächen, keinerlei Rücksicht. Eine Trennungswand kann also
nicht zwischen den einzelnen Gruppen senkrecht angeschlossen haben. Die schon oben angedeutete Lösung des Rätsels ergeben
Einarbeitungen über den Pilasterstreifen der Reliefs (vgl. Abb. 73, 74). Hier griffen die von den Blattkapitellchen zur Wand
führenden Unterzüge ein, welche die Anschlußfugen der Kassettenplatten deckten und sie längs ihrer ganzen Schmalseite stützten.
Genau dieselben Einarbeitungen in ähnlichen Reliefplatten fand Watzinger beim Tempel 89 der Südwestnekropole. Auch analoge
Kassettenplatten und ein interessantes Epistylfriesstück für die Mauerzunge zwischen dem vorderen allgemeinen und dem
rückwärtigen adytonartigen Tempelinneren fanden sich dort (vgl. die Beschreibung S. 59).

Der Unterschied in der Höhe der Ausarbeitungen und des Kapitellchens mit dem Unterzug ergibt die Höhe des fehlenden,
eigens gearbeiteten, Abschlußprofiles des Wandfrieses. Die eigenartige unantike und etwas gekünstelt anmutende Konstruktion
vermied es, die Friesdarstellungen im Schatten tiefer Nischenbildungen an Wirkung zu schwächen und sie teilweise dem Blick
bei schräger Ansicht zu entziehen. Dafür hat man die schönheitswidrige Verbindung des Kapitells und des Unterzuges in den
Kauf zu nehmen. In derartigen kühnen, ungewohnten Verbindungen tritt der fremde orientalische Einschlag einer mit durch-
aus antiken Formelementen schaffenden palmyrener Architektur zutage (vgl. die Säulenkonsolen).

Im oberen Geschoß mag sich die Anordnung des unteren mit einigen durch die starke Verkürzung bedirgten Abänderungen
wiederholt haben, v.enn man nicht einen die Obergeschoßräume verbindenden Gang oder eine offene Galerie annehmen will.
Bei der Zierlichkeit der verwendeten Formen und Ausmaße kann es nicht wundernehmen, daß von den Pfeilerchen im Erd-
geschoß relativ geringe Reste, von der Obergeschoßarchitektur nichts mehr vorhanden ist.

Auf das Kassettenplattenfragment Nr. 64 sei noch besonders hingewiesen. Leider ist es an beiden Enden gebrochen. Es gehört
in die Schichthöhe der anderen Kassettenplatten, wie man aus dem Fries- und Epistylprofil sieht. Gehört es nicht zum mittleren
Aufbau, so könnte es nach seinem Fundort an die Innenseite der Vorhallenwand angeschlossen haben, wenn das Hauptgesims
der Halbsäulenarchitektur schon vor den letzten beiden Loculischlitzen gegen Zungenwände des Türanschlages abwinkelte.
Der Mäanderfries Tafel 43 c stammt nach der Fall-Lage wahrscheinlich von der Türwand.
 
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