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Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Palmyra - Ergebnisse der Expeditionen von 1902 und 1917 (Text) — Berlin, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.1808#0115
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ZUR BAUINSCHRIFT DES LAGERS

IO7

nämlich die eines befestigten Kaiserpalastes, wie der gleichzeitige Diocletianspalast in Spalato, gedacht worden ist (s. Bau-
beschreibung oben S. 1). Auch dieser1) enthält ja als bestimmendes Einteilungsprinzip seiner Innenfläche ein großes Straßen-
kreuz mit breiten Säulenstraßen, das mit einem Kreuzarm zwischen großen insulae hindurch auf das Tor des eigentlichen Pa-
lastes hinführt, während die drei anderen Kreuzarme zu den befestigten Toren führen. Auch die Größenverhältnisse beider
Anlagen, soweit sie sich in Palmyra feststellen lassen, stimmen ungefähr überein, so daß ich empfehlen möchte, trotz der Bau-
inschrift doch die Deutung auf einen befestigten Palast in erneute Erwägung zu ziehen.

Die Inschrift, welche auf dem Türsturz der Cella des sog. Fahnenheiligtums steht, lautet nach der Abschrift des Corpus (CIL
III, 133):

RES ORBIS SVI ET PROPAGATORES GENERIS HVMANI DDNN DIOCLETIANVS

SSIMIIMPP ■ ET CONSTANTIVS ET MAXIMIANVS NOBB CAESS CASTRA FELICITER CONDIDER VNT
NTE SOSSIANO HIEROCLETE VP PRAES PROVINCIAE ■ DN MQ_ EORVM
Die Inschrift, welche in die Jahre 292-304 fällt, ist nach dem Corpus folgendermaßen zu ergänzen:
/ Reparatojres orbis sui et propagatores generis humani
d{pmint) niostri) Diocletianus [et Maximianus sancti]
ssimi impieratores) et Constantius et Maximianus nob(ilissimi)
Caes(ares) castra feliciter condiderunt/ [curam agejnte

Sossiano Hieroclete v(iro) p(erfectissimo) praes(ide) provinciae d(evotd) n(uminibus)
m(ajestati)q(ue) eorum.

Puchstein nimmt mit v. Domaszewski an, daß am Anfang der Inschrift, d. h. in einer davor stehenden, vielleicht auf dem Hyper-
thyrum angebrachten Zeile noch die Namen der Götter, denen die Weihung galt, angebracht waren und zwar Jupiter, Hercules
und Victoria, wie auf den beiden ebenfalls von Diocletian und Maximian geweihten Lagerbauinschriften CIL III, 22 aus
Hieraconpolis und 13578 aus Kantara in Ägypten. Diese beiden, aus dem Jahr 288 stammenden Inschriften beginnen mit der
Weiheformel: Jovi, Herculi, Victoriae und bezeugen die Weihung der castra cohortis I. Aug. praet. Lusitanorum bzw. castra
alae I. Thracum Mauretanae und v. Domaszewski nimmt nach Analogie unserer palmyrenischen Inschrift an, daß auch diese
Inschriften an den Lagerheiligtümern gestanden haben, was auch mir sehr wahrscheinlich scheint. In der Inschrift III 22 aus
Hieraconpolis lautet nun aber die Schlußformel: castra etc exstructa dcdicaverunt und dieselbe Weiheformel wird in III 13578
mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls ergänzt. Hier ist also tatsächlich von einer Weihung der Lager an die Götter die Rede.
Dagegen steht in unserer palmyrenischen Inschrift „castra feliciter condiderunt" also eine einfache Beurkundung der Gründung
bzw. Erbauung ohne Bezugnahme auf eine religiöse Weihung. Es scheint mir daher die Ergänzung der Götternamen am An-
fang nicht unbedingt notwendig, wenn sie auch natürlich nicht ganz ausgeschlossen ist.

In der ebenfalls in diesem Zusammenhang herangezogenen offenbar vollständigen Lagerbauinschrift derselben Zeit (292-305)
CIL III 14149a (aus Kasr Bscher in Arabien) bekundet der praeses provinciae Arabiae Aurelius Asclepiades, daß er „castra
praetorii Mobeni a fundamentis perfid curavit, und setzt an den Anfang die Namen der Kaiser Diocletian und Maximian und
der Caesaren Constantius und Galerius Valerius Maximianus im Dativ also nach Art einer Weiheformel, welche aber in diesem
Fall, wie so oft, einfach die genaue Zeitbestimmung in Gestalt einer Ergebenheitsformel, keine religiöse Weihung bedeutet.
Wie also bei dieser Inschrift die Nennung der Gottheiten fehlt, so ist sie auch bei der aus Palmyra nicht unbedingt notwendig
vorauszusetzen. Die Zusammensetzung der Göttertrias Jupiter, Hercules und Victoria in den beiden zitierten ägyptischen
Lagerinschriften wird, nebenbei gesagt, einfach darauf beruhen, daß Diocletian sich mit Jupiter, Maximian mit Hercules iden-
tifizieren ließ, in Victoria ist dann einfach, wie üblich, die „persönliche Siegeskraft" der Feldherrn bzw. Kaiser2), als welche sie
zu den Lagergöttern im engeren Sinne gehört, zu erblicken.

Ich würde also glauben, daß die palmyrenische Inschrift als einfache Bauurkunde im wesentlichen, abgesehen von den verlorenen
Zeilenanfängen, vollständig ist und daß keine Zeile mit den Götternamen davor fehlt.

Der Statthalter Sossianus Hierokles war praeses Phoenices nicht vor 293, dann vicarius, dann consularis Bithyniae, als 303 die
Christenverfolgung ausbrach, zu der er Diocletian veranlaßt haben soll, dann praefectus Aegypti, wo er die Verfolgung eifrig
fortsetzte. (Weiteres und die Belege hierzu in dem Artikel Hierokles von Seeck bei Pauly-Wissowa VIII Sp. 1477. In der Pro-
sopographie suche ich ihn vergebens.) Wenn die obige Datierung richtig ist, so würden die Zeitgrenzen unserer Inschrift
sich noch etwas enger auf 293-303 bestimmen lassen.

Über ein 1902 auf den Treppen des Fahnenheiligtums gefundenes Ostrakon äußert sich Ulrich Wilcken wie folgt:

Breite (in Z. 1) ca. 6,5 cm, Höhe ca. 5V2 cm. Die Krugwand etwa i1/, cm dick. Farbe hellgelb. Außer geringen Resten am oberen Rande:
4 unvollständige Zeilen, jede von anderer Hand geschrieben, also vielleicht Unterschriften einer Urkunde. Die Schrift verblaßt. Z. 1, 2 und
4 griechische Schrift, von der ich kein ganzes Wort lesen kann. Z. 3 scheint aber lateinisch zu sein. Ich glaube zu erkennen: mod LIX'
Das wäre: 59 Modien. Also war das Ganze etwa eine Abrechnung (Quittung?) über eine Getreidelieferung (Sold an Soldaten?). Aus spät-
römischer Zeit (nach Diocletian).

*) Vgl. z. B. Swoboda, Romische u. romanische Paläste S. I 54 Abb. 68. -) Vgl. v. Domaszewski, Die Religion des römischen Heeres Wd. Z. XIV 1895, S. 37.
 
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