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Wiegand, Theodor [Hrsg.]
Palmyra - Ergebnisse der Expeditionen von 1902 und 1917 (Text) — Berlin, 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.1808#0129
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DER KORINTHISCHE TEMPEL OSTLICH DES THEATERS

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bei den Unterstufen gefunden. Nun ist es sehr auffällig, daß die unterste Platte des an sich massigeren Podiums, relativ schwach
gebildet ist. Ihre Höhe wurde mit 12,0 gemessen. Sollte da nicht das Treppenmaß verantwortlich gemacht werden? Sollte nicht
die erste Stufe die Fortsetzung dieser Platte gebildet haben? Ein Versuch führt zu Bestätigungen dieser Annahme: Der Raum
von der Außenflucht des Fußprofils bis zur noch erhaltenen Stufe, 122,2 cm, läßt sich durch das schon vorhandene Breitenmaß
der Stufen in fünf Teile zerlegen, 5 x24,4 cm (die 4 mm sind bei der Kalkspur nicht meßbar) = 122,0 cm. Teilt man den
Höhenunterschied 64,2 cm ebenfalls in fünf Teile, so ergibt sich fast genau das Maß der als unterste Stufenhöhe angenommenen
Plattendicke von 12 cm. Die Oberkante der vierten Stufe aber fällt mit der Horizontalfuge des Podiummittelstückes zu-
sammen.

Diese Treppenneigung, selbst wenn man sie noch steiler annehmen würde, bis zum Niveau der Tempelhalle fortzusetzen,
scheitert an den senkrecht zur Treppenwange verlaufenden Hintermauerungssteinen, die 283,2 cm hinter der Außenkante des
Fußprofils ansetzen und bis zur Oberkante des Podiumhauptteils reichen. Ein Herausziehen der Treppe ist durch die gegebene
Stute unmöglich. Auch die Annahme höherer nicht begehbarer Stufen führt zu keiner Lösung. So bleibt nichts übrig als einen
Podest anzunehmen und die Treppe zu knicken. Hiermit fällt der Gedanke einer breiten von Zunge zu Zunge reichenden
Treppe. Es ergibt sich vielmehr eine sehr kleine oder, weil eine symmetrische Anlage ganz selbstverständlich ist, ein Paar sehr
kleiner Treppen. Die tiefste Möglichkeit eines Podestansatzes ist mit der durch ihren Fugenkalk dokumentierten siebenten
Stufe gegeben. Wie groß war nun der Podest? Auf diese Frage antwortet ein Stein in Höhe des Podiumkrönungsgesimses.
35,5 cm vor den, eine breite Freitreppe unmöglich machenden Hintermauerungssteinen läuft sich das Bekrönungsgesimse
an einem mit ihm gleichhohen (37,4 cm) Steine tot. Gegen die Treppe zu besitzt letzterer eine rauhe Seite. Gegen Süden
jedoch ist er glatt, soweit er nicht - die rauhe Seite ragt nur 2 cm vor die untere Platte der Bekrönung vor - vom anlaufenden
Profil verdeckt war. Unter diesem Stein steht rechts ein ebenfalls rauher Stein, von dem 19 cm sichtbar werden; links unter-
halb ist die sonst sauber geglättete Treppenwange rauh. Wir haben also in der südwärts gewendeten glatten Seite des 35,5 x 37,4
großen Steins die Begrenzung des Podests und die linke Wange der sich nun der Tempelachse zuwendenden Treppe vor uns.
Soviel die starke Verwitterung des Profils am Podiumaufsatz erkennen läßt, machte jener diese Bewegung in derselben Flucht mit.
Sehen wir nun, wohin wir mit den festgelegten Treppenmaßen auf diesem Treppenlauf gelangen. Der Höhenunterschied bis
zur Oberkante des Podiumhauptstückes (ohne den Aufsatz, 86,9-12,4)= 74,5 cm teilt sich genau in 6 Steigungen von je 12,4 cm
ein. Dabei fällt die vierte Steigung mit der Unterkante der Podiumbekrönung zusammen - eine willkommene Bestätigung.
Bis hierher glaube ich die Beweise aus dem Befund als schlüssig bezeichnen zu dürfen. Leider haben wir, wie gesagt, an Ort
und Stelle die interessante Gestaltung der Treppe nicht erkannt und eine Schürfung in der Tempelachse zwischen den
Podienzungen versäumt. Nur soviel wurde festgestellt, daß die Hintermauerungssteine, die zugleich auch die Unterlage eines
8,5 cm hohen Plattenpflasters im Hallenumgang des Tempels bilden, auch im Mittelinterkolumnium noch zwischen den Säulen
vorhanden sind. Ein Einbinden der Treppe kann also nur bis zur Außenflucht der Basenplinthen vorhanden gewesen sein.
Dies ist in der Rekonstruktion (drei Steigungen von je 11,3 cm) auch angenommen. Die letzte Niveaudifferenz, die Höhe des
Podiumaufsatzes, läßt sich auch wegen sonst auftretender Grundrißschwierigkeiten nicht anders lösen. So aber erhält man eine
brauchbare Einteilung.

Der dreistufige letzte Lauf zwischen den Mittelsäulen des Tempels hat eine Breite von 192,5 cm. Die durch den Podest gegebene
Breite der beiden Treppenarme, in die er nach rechts und links geteilt ist, beträgt annähernd die Hälfte, 102 cm. Die Bean-
spruchung des obersten Treppenstückes durch das Zusammentreffen der zwei Läufe ist größer.

Durch die Antragung von fünf 24,4 cm-Stufen im Grundriß ergibt sich schließlich auch die wahrscheinliche Breite der unteren
Treppenläufe und zwar scheint diese wiederum größer als die der Mittelläufe gewesen zu sein. Das mußte auch so sein, da das
weitausladende Gesimse des Zungenpodiums, wohl auch das inmitten der Treppenanlage formal den Zungenpodien ent-
sprechende Altarpodium, den Aufstieg beengten.

Ein Abschließen des Altarpodiums, oder eine exedrenartige Nische, in der Flucht der Podienzungen ist - da die Grundriß-
ausmaße zu schmal würden - ausgeschlossen. Wie weit dieser Mittelbau vorsprang, bleibt dahingestellt.
Jedenfalls aber haben wir noch eine Frage zu lösen, zu der uns die Unterlagen in der Ruine selbst gegeben sind. Liefen sich
die Unterstufen des ganzen Tempels, von denen eine erhalten und zwei weitere zu vermuten sind, an dem Mittelbau tot?
Das gäbe für die Treppenanlagen eine kleinliche Lösung, sie würden hierdurch gleichsam in die Ecken gedrückt. Ich schlage
einen mehr als treppenbreiten, podestartigen Umgang um das Mittelgebilde der Treppenanlage vor. In dieser Annahme werde
ich durch die Tatsache bestärkt, daß die erhaltene Treppenstufe 25-30 cm - eine genaue Messung fehlt - vor der oben aus-
führlich behandelten Fuge des Podiumsockels mit einer sauberen Fuge endet.

In der Rekonstruktion habe ich hier die oberste Stufe, statt sie weiter gehen zu lassen, umgewinkelt und etwaige andere folgen
dieser Bewegung.

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