Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Wilpert, Joseph [Editor]
Die Malereien der Katakomben Roms (Text): Die Malereien der Katakomben Roms — Freiburg i.Br., 1903

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1340#0081

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Die coemeteriale Malerei in ihrem l 'erhältniss zu der heidnischen Wandmalerei. 61

Aufträge, trotz der Überwachung von Seiten der kirchlichen Behörde, sich stets eine
gewisse Freiheit und Selbständigkeit gewahrt haben. Denn wie unwahrscheinlich
es ist, dass der Auftraggeber die Ausmalung einer Grabstätte bis in die kleinsten Details
hinein bestimmte, so natürlich und naheliegend ist die Annahme, dass er nur die
religiösen Darstellungen in ihrer logischen Reihenfolge angab und die künstlerische
Anordnung derselben dem Maler überliess. So waren z. B. bei dem reichen, für die
cappella greca entworfenen Gemäldecyklus die drei bedeutungslosen Vasen und
der Ornamentkopf1 im Auftrage sicher nicht mit einbegriffen; sie sind vielmehr eine
Zuthat des Künstlers, dem nach der Vertheilune der relig-iösen Bilder noch vier kleine
Felder, die eine grössere Darstellung nicht fassen konnten, übrig geblieben waren. In
einem solchen Falle, der sich bei der Ausmalung von Kammern wohl oft einstellen
mochte, griff man zu dem reichen Schatz der antiken Ornamentik, welche für derartige
Lücken geeignete Gegenstände in Fülle darbot.

Die Aufgabe des Künstlers hört übrigens nicht damit auf, die bestellten Gemälde
in der angegebenen Reihenfolge an die Wand zu bringen; viel kommt auf die Raum-
vertheilung an, von welcher die Schönheit der Gesammtwirkung der Dekoration
abhängt. In welchem Grade die Katakombenmaler hierin Meister waren, bekundet
die Mehrzahl der Deckengemälde: wenn auch die Details Mängel und Unvollkommen-
heiten aufweisen, so macht doch das Ganze auf den Beschauer stets einen angenehmen
Eindruck. Um diesen zu erzielen, haben die Künstler, wie wir später zeigen werden,
bisweilen die logische Reihenfolge der Scenen abgeändert, oder Gruppen in ihre Be-
standteile aufgelöst und von einander getrennt angebracht. Letzteres geschah z. B.
bei einigen Darstellungen des Gerichtes, indem Christus mit den Heiligen in der Lu-
nette, und die Verstorbenen im Bogen des Arkosols (oder umgekehrt) gemalt wurden;
es geschah ferner dreimal mit dem Sündenfall- und einmal mit der Unterredung am
Jakobsbrunnen:3 diese wurde durch das Wunder der Brodvermehrung, jene durch den
ruhenden Jonas und den Gichtbrüchigen getrennt. Von derselben Absicht, eine künstle-
risch schöne Ausfüllung des Raumes zu treffen, war auch der Maler der auf Taf. 106
abgebildeten Lunettendekoration geleitet, da er das Bild des Daniel zwischen die
beiden Jonasscenen gesetzt hat. Endlich sei noch die Darstellung der hll. Markus
und Marcellianus, welche die zum Heiland führende Himmelsleiter zu besteigen sich
anschicken, erwähnt. Diese Komposition wurde in drei mit einander zusammenhän-
genden Feldern so untergebracht, dass Christus in das mittlere, die Heiligen mit der
Leiter in je ein Seitenfeld kamen.4

Der vorwiegend symbolische Zweck der biblischen Scenen verleitete einige
Künstler, sich im Interesse der Mannigfaltigkeit und Abwechslung bisweilen über die
Schranken des Naturgesetzes hinwegzusetzen. Ich meine hier nicht seltene Erschei-
nungen, die zufällig und eine Folge von Unaufmerksamkeit des Malers sein können,

' Taf. 13 u. meine Fractio, Taf. VI. ' Tat. 54, 2.

' Taff. 70, 2. u. 166, 2. 4 Taff. 153, 2; 214 f.
 
Annotationen