Die Darstellungen von Heiligen. 483
Auch die von mir im Mai 1902 entdeckte Grabkapelle, welche die sterblichen
Reste der hll. Markus und Marcellianus aufnahm, war urprünglich nichts anderes, als
eine schmucklose Krypta, in deren Boden ein Doppelgrab angelegt wurde; erst ein
halbes Jahrhundert später oder kurz darauf wurde sie zu einer kleinen Kirche umge-
wandelt und mit vier Säulen, einer kostbaren Marmorbekleidung', der mensa oleorum
und mit einem Altar ausgestattet, während das Grab der Märtyrer die Form eines Arko-
sols und einen reichen Bilderschmuck erhielt. Letzterer ist infolge der schlechten Qua-
lität des Tuffes leider arg mitgenommen; es haben sich aber noch so ansehnliche
Reste erhalten, dass er sich vollständig wiederherstellen Hess. Die Fresken sind
mit Rücksicht auf die Lokalheiligen entworfen und deshalb sehr werthvoll. An der
Spitze stehen das Quellwunder des Moses und die wunderbare Brodvermehrung", also
die beiden Sakramente der Taufe und Eucharistie, denen wir in den Katakomben so
häufig begegnet sind. Auf der gegenüberliegenden Wand ist das Opfer Abrahams
abgebildet, welches hier natürlich nicht jene Bedeutung haben kann, die es gewöhn-
lich an den Gräbern von einfachen Gläubigen hat, sondern als Symbol des blutigen
Opfers Christi am Kreuze zu nehmen ist. In diesem Sinne eignete sich die Darstel-
lung ganz vorzüglich für die Grabstätte von Märtyrern, welche für ihren Glauben
alles, selbst das Leben geopfert haben (vgl. Taff. 214-216).
In der Hinterwand des Arkosols war das Hauptbild gemalt; denn es zeigte die
beiden Lokalheiligen fast in natürlicher Grösse. Sie hatten die ihnen zukommende
Tracht (Tunika, Pallium und Sandalen) und waren gegen einander gewendet. Zwi-
schen ihnen stand eine weibliche Gestalt, welche viel kleiner war als sie. Der Grund
der Aufnahme dieser Figur in die Komposition ergibt sich aus der Baugeschichte der
Gruft. Wir haben schon bemerkt, dass die ursprüngliche Grabstätte der Heiligen
frühzeitig in eine kleine Kirche verwandelt wurde. Bei dieser Gelegenheit wurde
hinter dem Doppelgrabe der Märtyrer, auf einem etwas höheren Niveau, ein Grab
für eine Leiche angelegt. In so grosser Nähe von Heiligen zu ruhen, war ein Pri-
vileg, auf welches der Erbauer der Kirche gewiss nicht verzichtet haben wird. Da
nun auf dem Fresko zwischen den Heiligen eine weibliche Gestalt abgebildet ist, so
dürfen wir in derselben diejenige erkenen, welche auf ihre Kosten die Kirche erbaut
und ausgeschmückt hat. Das Bild eröffnet somit die Reihe der Votivbilder, auf
denen die Stifter gewöhnlich kleiner als die heiligen Persönlichkeiten erscheinen,
welchen die Stiftung gemacht wird. Durch die Verschiedenheit in der körperlichen
Grösse der Figuren wollte der Künstler den weiten Abstand hervorheben, welcher die
Lebende von den beiden in der Glorie mit Christus vereinten Glaubenshelden trennte.
Die Stifterin Hess sich zwischen ihnen in der Hoffnung darstellen, dass dieselben sich
dereinst für sie bei dem göttlichen Richter verwenden und sie in ihre Gemeinschaft
aufnehmen würden. Es ist schwer, mit Sicherheit anzugeben, welche Haltung die
drei Figuren eingenommen haben; am wahrscheinlichsten dünkt es mir, dass sowohl
die Stifterin als auch die Heiligen in den Händen die Rolle hielten. Wer die Stifte-
rin war, wissen wir nicht; denn von der Inschrifttafel, die ihr Grab verschluss, ist nur
Auch die von mir im Mai 1902 entdeckte Grabkapelle, welche die sterblichen
Reste der hll. Markus und Marcellianus aufnahm, war urprünglich nichts anderes, als
eine schmucklose Krypta, in deren Boden ein Doppelgrab angelegt wurde; erst ein
halbes Jahrhundert später oder kurz darauf wurde sie zu einer kleinen Kirche umge-
wandelt und mit vier Säulen, einer kostbaren Marmorbekleidung', der mensa oleorum
und mit einem Altar ausgestattet, während das Grab der Märtyrer die Form eines Arko-
sols und einen reichen Bilderschmuck erhielt. Letzterer ist infolge der schlechten Qua-
lität des Tuffes leider arg mitgenommen; es haben sich aber noch so ansehnliche
Reste erhalten, dass er sich vollständig wiederherstellen Hess. Die Fresken sind
mit Rücksicht auf die Lokalheiligen entworfen und deshalb sehr werthvoll. An der
Spitze stehen das Quellwunder des Moses und die wunderbare Brodvermehrung", also
die beiden Sakramente der Taufe und Eucharistie, denen wir in den Katakomben so
häufig begegnet sind. Auf der gegenüberliegenden Wand ist das Opfer Abrahams
abgebildet, welches hier natürlich nicht jene Bedeutung haben kann, die es gewöhn-
lich an den Gräbern von einfachen Gläubigen hat, sondern als Symbol des blutigen
Opfers Christi am Kreuze zu nehmen ist. In diesem Sinne eignete sich die Darstel-
lung ganz vorzüglich für die Grabstätte von Märtyrern, welche für ihren Glauben
alles, selbst das Leben geopfert haben (vgl. Taff. 214-216).
In der Hinterwand des Arkosols war das Hauptbild gemalt; denn es zeigte die
beiden Lokalheiligen fast in natürlicher Grösse. Sie hatten die ihnen zukommende
Tracht (Tunika, Pallium und Sandalen) und waren gegen einander gewendet. Zwi-
schen ihnen stand eine weibliche Gestalt, welche viel kleiner war als sie. Der Grund
der Aufnahme dieser Figur in die Komposition ergibt sich aus der Baugeschichte der
Gruft. Wir haben schon bemerkt, dass die ursprüngliche Grabstätte der Heiligen
frühzeitig in eine kleine Kirche verwandelt wurde. Bei dieser Gelegenheit wurde
hinter dem Doppelgrabe der Märtyrer, auf einem etwas höheren Niveau, ein Grab
für eine Leiche angelegt. In so grosser Nähe von Heiligen zu ruhen, war ein Pri-
vileg, auf welches der Erbauer der Kirche gewiss nicht verzichtet haben wird. Da
nun auf dem Fresko zwischen den Heiligen eine weibliche Gestalt abgebildet ist, so
dürfen wir in derselben diejenige erkenen, welche auf ihre Kosten die Kirche erbaut
und ausgeschmückt hat. Das Bild eröffnet somit die Reihe der Votivbilder, auf
denen die Stifter gewöhnlich kleiner als die heiligen Persönlichkeiten erscheinen,
welchen die Stiftung gemacht wird. Durch die Verschiedenheit in der körperlichen
Grösse der Figuren wollte der Künstler den weiten Abstand hervorheben, welcher die
Lebende von den beiden in der Glorie mit Christus vereinten Glaubenshelden trennte.
Die Stifterin Hess sich zwischen ihnen in der Hoffnung darstellen, dass dieselben sich
dereinst für sie bei dem göttlichen Richter verwenden und sie in ihre Gemeinschaft
aufnehmen würden. Es ist schwer, mit Sicherheit anzugeben, welche Haltung die
drei Figuren eingenommen haben; am wahrscheinlichsten dünkt es mir, dass sowohl
die Stifterin als auch die Heiligen in den Händen die Rolle hielten. Wer die Stifte-
rin war, wissen wir nicht; denn von der Inschrifttafel, die ihr Grab verschluss, ist nur