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Wischermann, Heinfried; Wischermann, Heinfried [Hrsg.]
Berichte und Forschungen zur Kunstgeschichte (Band 5): Grabmal, Grabdenkmal und Memoria im Mittelalter — Berlin: Wasmuth, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.57031#0016
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Io

Am Ende der erwähnten Grabplatte des Guglielmus de Broa
in der Kathedrale von Narbonne lesen wir:
QVI PRESENTES LITTERAS LEGERIT ORATIONEM
DOMINICAM TER .DEVOTE DICAT PRO ANIMA IPSIVS.
Der Betrachter wird aufgefordert, privat und spontan für
das Seelenheil des Toten zu beten. Diese Aufforderung,
die häufig in der einfachen Form ONATE PRO ME oder PRO EO
begegnet \ verweist auf den eigentlichen Sinn des mittel-
alterlichen Grabdenkmals. Es ist nicht nur Zeugnis, Aus-
löser1 und (vielleicht gelegentlich sogar heute noch) Ort
historischer Memoria.. Es ist nicht nur Auslöser und Ort
privat-spontaner Memoria■ Es war (möglicherweise sind ein-
zelne auch heute noch irgendwo) vornehmlich Ort und Garant
Li turgischer Memoria in der Form der Commendatio.

VIII.

Privates stilles Gedenken konnte wie heute noch am Feste
Allerseelen an den Friedhofsgräbern jederzeit und in belie-
biger Art an der Grabstätte stattfinden. Eigentlich litur-
gische Memoria ist an eine gottesdienstliche Form gebunden.
Sie konnte und kann in den Fürbitten des Wortgottesdienstes,
bei der1 Mahlfeier, beim Stundengebet am Altar ihren Platz
haben. Tatsächlich gibt es als bislang ungenügend beachtete
Sonderform Kombinationen von Grabmonument und Altar, z.B-
in Bamberg, Heidenheim, Krakau 48/49). Bei den meisten Bei-
spielen bandelt es sich um Grabdenkmäler für heiliggespro-
chene Herrscher oder Äbte. Ich erinnere etwa auch an das
Monument für den Hl. Coloroan in Melk von 1362/65 oder
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an das Dagobert-Monument im Karlsruher Landesmuseum '.
Ein frühes Beispiel für die Verbindung von Altar und Stifter-
monument ist das Grabdenkmal für Pfalzgraf Heinrich II.
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in Maria Laach aus dem späten 13- Jahrhundert '. Im 14.
Jahrhundert scheint es verschiedentlich Versuche von Herr-
schern gegeben zu haben, die keine Hoffnung auf Heilig-
sprechung hegen konnten, einer solchen 'Erhebung zur Ehre
der Altäre' nahezukommen. So.ließ Rudolf der Stifter unter
dem Chor von St. Stephan in Wien eine "sepultura" ein-
 
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