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Wischermann, Heinfried; Wischermann, Heinfried [Hrsg.]
Berichte und Forschungen zur Kunstgeschichte (Band 5): Grabmal, Grabdenkmal und Memoria im Mittelalter — Berlin: Wasmuth, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.57031#0020
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14

Halten wir fest:
Historische Memoria ist ortsungebunden. Sie .kann wie das
spontane Gebet von einem Grabdenkmal - auch von einem
Totenschild oder einer Memorialtafel (Schaffhausen)^^-
ihren Ausgang nehmen. Liturgische Memoria findet üblicher-
weise am Altar oder im Chor einer Kirche statt. Der Ort
der Memoria und der Ort der Aufzeichnung der- Namen sind
dabei nur in seltenen Fällen identisch: etwa bei den
Altarplatten von Minerve/Herault 7°) und von Reichenau-
Niederzell 71), au£ cjeneil zahlreiche Namen eingetragen sind.
Nur beim Grabdenkmal sind der Ort des Gebetsgedenkens, der
Ort der Aufzeichnung des Namens und der Ort der Bestattung
identisch. Der Errichten eines Grabdenkmals wollte (und
konnte) vermeiden, daß er eines Tages unter die Personen
ins Gedenken eingeschlossen werden mußte, "quorum nomina
deus seit" , wie es im Liber Memorialis von Hemiremont
heißt.
Der Sicherstellung des Gebetsgedenkens am Grabe dienten
auch die Bleitafeln und Bleikreuze, die rnan - sozusagen
als letzte Sicherung gegen den Verlust aller oberirdischen
Aufzeichnungen - manchen Toten in den Sarg legte. Durch
die jüngsten Ausgrabungen im Bremer Dom wissen wir, daß
73)
diese Sitte nicht erst im 11. Jahrhundert wie in Speyer
74 )
und Canterbury ' aufkam. Die Bleitafeln der Bischöfe Unni
und Leuderich stammen bereits aus dem 9- und lo. Jahr-
75 )
hundert .
X.
Zum Garanten dauerhaften Gedenkens, zum Mittelpunkt
organisierter Fürbitte für das Seelenheil eines Toten
konnte ein Grabmonument nur- werden, wenn eine Stiftung
"pro recordatione et requie animae" (Regensburg) hinzukam.
Handlungen wie Kerzenaufstellung, Weihwasser- und Weihrauch-
spende, besonders aber Armenspeisung, Priestermahl und
Geld Verteilung, die im Anschluß an das Gedächtnis am Grabe
stattfanden, setzten eine materielle Gabe des Toten voraus,
 
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