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Wischermann, Heinfried; Wischermann, Heinfried [Hrsg.]
Berichte und Forschungen zur Kunstgeschichte (Band 5): Grabmal, Grabdenkmal und Memoria im Mittelalter — Berlin: Wasmuth, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.57031#0023
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17

Wenn die hier vertretene These von der vorrangigen Be-
deutung des Grabdenkmals als eines Garanten der Gebetshilfe
zutrifft, dann muß auch für das Grabbild eine Erklärung
möglich sein, die sich dieser These zuordnet. Denkbar wäre
85 )
es beispielsweise, die Grabfigur als Stellvertreter ' des
Toten aufzufassen. Das Abbild wäre dann an den Gedenktagen
"dabei" gewesen, es hätte für den Toten die Einhaltung von
Gebet und Fürbitte überwacht. Dieser Stellvertreter-Theorie
widerspricht schon die von Rupert Berger und Otto Ger-
hard Oexle geäußerte Überzeugung, daß die kommemorierende
Namensnennung der Mitglieder einer Gemeinschaft ausreiche,
die Gegenwart abwesender Personen zu bewirken, daß sie
87)
"einen Modus wirklicher Anvasenheit physisch Abwesender"
bewirke. Wenn der kommemorierte Tote als anwesend gedacht
wurde, dann war kein steinerner Zeuge für die Memoria-Feiei’
notwendig.
Tatsächlich gibt es aber eine Deutung der Grabfigur, die
meine Theorie über den Sinn des Grabdenkmals auf die wün-
schenswerteste Welse ergänzt. Sie stammt von Alfred Weck-
werth. Bedauerlicherweise ist seine Arbeit über "Tumba und
Ö8)
Tischgrab in Deutschland" ' Panofsky und Bauch entgan-
gen. Ausgehend von der Ähnlichkeit zwischen Tumba, Tisch-
grab und Altar deutet Weckwerth die Grabfigur überzeugend
als eine Figur, deren Blick nach oben ging, die von oben
89)
gesehen werden sollte. "Gott, dem Herrn" - so Weckwerth
- "wird das Bild des Stifters gezeigt". - "Gott soll an
den Wohltäter erinnert werden, Gott soll den Betreffenden
segnen". Die Grabfigur "erinnerte" also Gott an die Ver-
dienste und an die Person des zu ihm aufblickenden Stif-
ters - wie das Grabdenkmal die Empfänger einer Stiftung
an die urkundlich zugesicherte Pflicht der Gebetshilfe er-
innerte. Grabdenkmäler weltlicher Toter sind immer Stif-
terdenkmäler - sei es, daß eine freiwillige Stiftung, einer
Kirche beispielsweise, posthum durch ein Grabdenkmal von
den Empfängern der Gabe belohnt wurde, sei es, daß die
Stiftung unumgängliche Voraussetzung für die Erlangung ei-
ner Grabstätte in der Kirche und für die Aufstellung
 
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