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Wurz, Erwin
Der Ursprung der kretisch-mykenischen Säulen — München, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.1006#0027
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wenigstens da, wo ihre Umgebung in reichem Schmuck geglänzt hat, mit einem
Metallblech umkleidet gewesen sein werden, das denselben oder einen ähnlichen
Schmuck wie diese dekorativ verwendeten Halbsäulen gehabt haben wird.

DIE GEWUNDENE SÄULE

Aus den Eingen, die den Palmstamm spiralförmig umgeben, ist die ge-
wundene Säule entstanden. Darauf hat schon Beiger85) hingewiesen. Ein
Original ist bis jetzt im kretisch-mykenischen Kulturkreis nicht gefunden
worden,86) doch kommen gewundene Säulen auf kretischen und mykenischen
Gemmen vor. Auf einer kretischen Gemme (Abb. 26) ist ein Steinbock an
die Säule gebunden, auf einer andern
kretischen Gemme87) sind, wie auch
auf mykenischen Gemmen (Abb. 27)
und an der Säule des Löwentors, hei-
lige Tiere auf Basen stehend, wappen-
artig angeordnet. Der Steinbock ist
ein Opfertier. Der Kitus, das Opfer-
tier lebend an einen Baum zu hängen,
um ihm dann die Kehle durchzu-
schneiden, hat sich in Troja im Kult
der Stadtgöttin bis in späte Zeit er-
halten. E. Meyer88) bringt diesen Ei-
tus mit dem Fest des Frühlings-
anfangs, dem Fest des „Scheiter-
haufens" in dem chetitischen Bam-
byke (Hierapolis) in Verbindung, wo
große umgehauene Bäume in dem hei-
ligen Bezirk aufgerichtet, mit leben-
den Opfertieren (Ziegen, Schafen,
Vögeln) sowie mit Gewändern und
Weihgeschenken behängt worden sind
und nachdem der Gott aus ihnen oder
den sie umgebenden Scheiterhaufen
heraus seinen Segen gespendet hatte,
mit allen zugehörigen Weihgaben als

Abb. 29.
Römische Säule.

Abb. 30.
Kömische Ziersäule.

85) Archäol. Anzeiger 1895 S. 15 u. 16.

86) Die Angabe Belgers (a. a. O. S. 15), daß im Hof des „Museums" von Mykenä ein
Stück einer gewundenen Säule, bei der die eigentlichen Windungen nach außen erhöht seien,
liege, ist unrichtig.

8') Archaeol. vol. 59 part 2, S. 449. — 8S) Gesch. des Altertums 2. Aufl. 1909 I, 2 S. 643.

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