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Wurzbach, Alfred von [Oth.]
Niederländisches Künstlerlexikon: mit mehr als 3000 Monogrammen (Band 3): Nachträge und Verzeichnis der Monogramme — Amsterdam, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.18168#0057
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Karl.

47

clien des Buchbinders Stuvaert Lievin in
Brügge.

Karl. Karl der Kühne, Herzog von
Burgund, Sohn des Herzogs Philipp des
Guten, geb. zu Dijon 10. Nov. 1433, ge-
fallen in der Schlacht von Nancy 5. Jan.
1477. Er folgte seinem Vater am 16. Juli
14G7 und war seit 1439 mit der Prinzessin
Katharina von Prankreich (f 1446), in
zweiter Ehe seit 1454 mit Isabella von
Bourbon (f 1465) und in dritter Ehe seit
2. Juli 1468 mit der Prinzessin Marga-
rethe von York, vermählt. Das große Auf-
gebot von Künstlern anläßlich der Feier
dieser letzten Vermählung in Brügge (bei
welcher Gelegenheit weder M e m 1 i n g,
noch Roger van der Weyden der
Jüngere, welche beide in Brügge leb-
ten, erwähnt sind) rückt seine Persön-
lichkeit allerdings in den Vordergrund der
Kunstgeschichte, aber sein abenteuerli-
ches Leben gab ihm wenig Gelegenheit,
künstlerisch fördernd aufzutreten. Seine
Devise: Je Tai emprins, bien en adviegne
führte ihn zu den tollkühnsten Unterneh-
mungen und zu frühem Tode. Er wurde
zuerst in der Kirche St. Georg zu Nancy
bestattet. Karl V. ließ 1550 die irdi-
schen Reste nach St. Donat in Brügge
überführen und unter Philipp IL wurden
sie in Notre Dame zu Brügge beigesetzt,
wo sein Grabdenkmal neben dem seiner
Tochter Maria von Burgund (aus der
Ehe mit Isabella von Bourbon) noch heute
zu sehen ist. Es ist ein einfacher Re-
naissancesarkophag mit Wappenschildern
an den Seiten und der Figur des Her-
zogs auf der Sarkophagdecke. Das Denk-
mal wurde um 1562 von dem Erzgießer
Jacques Jonghelinck aus Ant-
werpen (I. 763) und den Steinmetzen
Josse Aerts und Jean de Smet
nach Zeichnungen von Cornelis Flo-
r i s gefertigt. Die ornamentierten AVap-
pen sind nach Zeichnungen von Marc
Gheerards (I. 578).

Obwohl einige authentische Portraits des Herzogs
existieren und seine scharf markierten Züge nicht
leicht einen Irrtum oder eine Verwechslung gestatten,
ist doch die Feststellung seiner Physiognomie in meh-
reren Gemälden aus den Jahren 1460—1480 mit
Schwierigkeiten verknüpft. Als beglaubigte Portraits
wären zu erwähnen:

1. Ein Doppelportrait Karls des Kühnen und der
Isabella von Bourbon im Museum zu Gent, offenbar
die Kopie eines verlorenen Originals, aber ein zur
Sicherstellung des Gesichtsausdruckes immerhin ge-
eignetes Objekt.

2. Eine Goldstatuette mit St. Georg von Gerard
L o y e t (II. 69) aus Brügge (um 1466), welche
Karl 1471 selbst der Kathedrale zu Lüttich schenkte.
(Lichtdr. in Onze Kunst. VI. I. 88.)

3. Das Portrait im Museum zu Berlin (N. 545), wel-
ches angeblich von Roger van der Weyden (II. 872)
um 1460 (?) gemalt wurde. An dieses erinnern auf-
fallend der Mann mit dem Pfeile in Brüssel (II. 872)

und ein Kopf in dem Fragment eines Altarflügels der
Koll. Ad. Schloß in Paris (II. 873).

4. Eine Medaille von Nicolas Spinelli.

5. Die Portraits in den Statutenbüchern des Goldenen
Vließes der k. k. Hofbibliothek in Wien und der
Bibl. M. Norris in London (Lichtdr. in Jahrb. d.
Kunsts. des a. Kaiserh. V. 1887. 266; und bei
Bar. H. Kervyn van Lettenhove. La Toison d'or. 1907.
p. 30) sowie eine Zeichnung der Portraitsam m lung
le Boucq in Arras beruhen wohl durchaus auf älteren
Vorbildern.

Für die Kunstgeschichte ist es wichtig zu wissen,
ob zwei Portraits, welche in der Regel als solche
Karls des Kühnen bezeichnet werden, in der Tat ihn
oder eine andere Persönlichkeit vorstellen. Dies sind
der zweite König der Anbetung der Könige des Flo-
reins-Altars von Memling im Johannes-Hospital in
Brügge (II. 139) und der dritte König der Anbetung
der Könige von Roger van der Weyden dem
Jüngeren in der Pinakothek in München (II. 872).
Beide Köpfe sind besonders ausdrucksvoll, aber un-
geachtet gewisser Ähnlichkeiten doch von den oben
erwähnten authentischen Portraits verschieden. Man
hat vordem auch in beiden Bildern, in dem greisen
König, der vor dem Kinde kniet, den Herzog P h i-
1 i p p den Guten von Burgund zu erkennen geglaubt.
Dies ist aber bestimmt ein Irrtum und es scheint,
daß es sich mit den vermeintlichen Portraits Karls
des Kühnen ebenso verhält. Der Floreins-Altar von
Memling wurde 1479 vollendet, zwei Jahre nach
Karls des Kühnen Tode. Eine genaue Datierung der
Anbetung der Könige von Roger van der Weyden d. J.
in München ist einstweilen nicht möglich, gewiß aber
ist dieses Bild vor dem Bilde Memlings entstanden.
Bei einem sorgsamen Vergleiche mit guten photo-
graphischen Detailaufnahmen beider Bilder wird es
aber deutlich, daß der zweite König des Floreins-
Altars in Brügge allem Anscheine nach identisch
ist nicht mit dem dritten, wohl aber mit
dem zweiten König des Pinakothekbildes. Der
Zusammenhang dieser beiden Werke, der bereits durch
die Wiederholung der Motive in den Flügelbildern
beider deutlich wird, erhalt durch diesen Umstand
noch größeres Interesse. Diese Figuren sind allem
Anscheine nach nicht nach Schablonen, sondern nach
dem Leben gezeichnet und gemalt. Wen stellen sie
vor? Der links kniende König des sogenannten Reise-
altars Karls V. in Madrid, angeblich von Memling
(II. 141), scheint dieselbe Person zu sein, aber die
Originalität dieses Gemäldes wird vielfach bestritten.

James Weale. Bruges et ses environs. Bruges
1884. p. 122; — Derselbe in Burlington Mag. XV.
253; — Dr. 0. R u b b r e c h t. Charles le Tcme-
raire etait il prognate? Bruges 1908.

Karl. Karl L, König von England,
Sohn König Jakobs L, geb. zu Dumfer-
line 19. Nov. 1600, hingerichtet zu Lon-
don 30. Jan. 1649. Er folgte seinem
Vater am 27. März 1625 und vermählte
sich am 1. Mai 1625 mit Henriette Maria
von Frankreich (1609. f 1669), der Toch-
ter König Heinrichs IV. Die Regierungs-
jahre Karls I. bilden eine glänzende
Epoche für die kunstgeschichtliche Ent-
wicklung des Landes. Er vereinte den
feinsten Geschmack mit der größten
Leidenschaft Kunstwerke zu besitzen,
und begann zu sammeln, bevor er noch
den Thron bestieg. Nach dem Tode seines
Bruders, des Prinzen Heinrich, der
ebenfalls ein leidenschaftlicher Kunst-
freund war, erbte er dessen Gemälde und
Kunstobjekte. Die größte Bereicherung
 
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