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Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst / Korrespondenzblatt — 7.1888

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Nr. 3 (März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37252#0037
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scher Gegenstand sei gefunden worden.
Ist ein Kastell in der Nähe, so müsste
es weiter nördlich, etwa an dem nach
Steckenroth führenden Wege gelegen sein.
Merkwürdig bliebe es dann immerhin, dass
man das dicht dabei gelegene, durch die
Ahr gebildete Thal, das jedenfalls mit
einem Verkehrswege versehen war, ohne
Deckung, ohne eine Sperre gelassen habe.
Es liefe dies allen Erfahrungen zuwider,
die ich bei meinen Forschungen in Ober-
hessen und im Taunus gewonnen habe.
Auch Herr v. Cohausen (S. 190) hält es für
wahrscheinlich, dass im Ahrthale, ebenso
wie z. B. im Köpperner Thale, hinter dem
Pfahlgraben ein kleines Kastell gelegen
habe, das aber bis jetzt nicht aufgefunden
wurde. Dass die dort befindliche „alte
Schanze“ nicht das gesuchte Kastell und
überhaupt kein Römerwerk ist, wurde von
Hrn. v. Cohausen (S. 190) genau nachge-
wiesen. Zwischen dieser Schanze und dem
Dörfchen Linscliied aber, auf der nach
Norden sanft abfallenden Fläche des „Pohl-
feldes“ möchte der geeignetste Platz für
das Kastell zu suchen sein, unbeschadet
der kurzen Entfernung von Kemel Hier
wurden aber auch, wie mir vor 19 oder
20 Jahren ein alter Mann aus Lienschied
erzählte, einst bedeutende Mauern ausge-
brochen und Gegenstände der verschie-
densten Art gefunden.
Da die Örtlichkeiten weit ausser dem
Bereiche meiner Wirksamkeit liegen, so
nimmt vielleicht der nassauisclie Verein
aus diesen Zeilen Veranlassung, die bei-
den Stellen genau zu prüfen.
(Fried. Kofler.)
Vereinsnachrichten
unter Redaction der Vereinsvorstände.
47_ Frankfurt a. M. Verein für Geschiclite
und Altertumskunde. In der Sitzüng
vom 13. Februar sprach Herr Pfarrer Dr.
II. Dechent über einen Zensurprozess
gegen die Frankfurter Gelehrten
Anzeigen, in welchem er die Forschungen
W. Scherers (in der Einleitung zum Neu-
drucke des berühmten Jahrgangs 1772 die-
ser Zeitschrift) in mannigfacher Weise er-
gänzte. Als neues Material hatte er die

bis dahin für den Gegenstand noch nicht
eingesehenen Zensurakten des Frankfurter
Stadtarchivs benutzt; ferner die Ratspro-
tokolle und Bürgermeisterbücher in dem-
selben, die Protokolle des Predigerministe-
riums und andere Urkunden. Der Vor-
tragende verband diese Nachrichten über
den vorliegenden Prozess mit Notizen aus
Goethes Briefwechsel und schilderte auf
Grund dieses Materials eine Episode des
geistigen Lebens in Frankfurt aus der Sturm-
und Drangzeit, an welcher der damals hier
weilende Dichter in hervorragender Weise
Anteil nahm. Er sprach zuerst über das da-
malige Predigerministerium, besonders über
den gelehrten Senior D. Plitt, welcher
Wolfsche Philosophie mit Lutherischer
Rechtgläubigkeit zu verbinden suchte und
besonders den Deismus bekämpfte. Er war
der entschiedenste Gegner der Frankfurter
Gelehrten Anzeigen, welche seit 1772 als
Fortsetzung der bereits 1736 begründeten
„Frankfurter Gelehrten Zeitung“ von dem
Waldeckischen Hofrat De in et verlegt und
im Anfänge von Merck in Darmstadt, in
der zweiten Hälfte des Jahres aber von
Goethes künftigem Schwager J. G. Schlosser
redigiert wurden. Die neue Zeitschrift, von
deren keckem, genialen Ton einige Proben
mitgeteilt wurden, erregte schon in den
ersten Nummern durch scharfe theologische
Rezensionen denUnwillen der durchweg noch
orthodox gerichteten lutherischen Geistlich-
keit, welche die kirchliche Zensurbehörde,
die sogenannten Beputati ad rem librariam
(eine Abteilung des Konsistoriums), anrief.
Man machte den Versuch, Deinet zur Nen-
nung der Verfasser jener anstüssigen Ar-
tikel zu nötigen und ihm die Aufnahme ähn-
licher Kritiken zu wehren; allein Schlosser
verteidigte als dessen Anwalt in einer (noch
ungedruckten) mit gewaltigem Pathos ab-
gefassten Vorstellung den Verleger, so dass
trotz der Verstimmung über die von ihm
gebrauchte „unziemliche Schreibart“ die
Sache vorläufig ruhte. Deinet aber brachte
weiter verletzende Artikel, und besonders
ein Aufsatz vom 21. Juli 1772 beschwor
einen neuen Sturm herauf. Der nachmals
so berüchtigte Giessener Professor Bahr dt
veröffentlichte nämlich eine höchst spöt-
tische Kritik über eine dem Frankfurter
 
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