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Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst / Korrespondenzblatt — 12.1893

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Nr. 7 (Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.37293#0078
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höhe wurden zuerst die Knochen einer
menschlichen Leiche gefunden, welche ohne
Sarg bestattet worden war und sich nach
den Beigaben, einem plattbauchigen Öl-
fläschchen aus grünlichem Glase, Scherben
von Terra Sigillata und gewöhnlichem
Thongeschirr, als römisch erwies. In einer
Tiefe von 2,90 m lag ein Pilasterkapitell
aus Kalkstein, welches die linke Seite des
zerstörten Bauwerks flankiert hatte und
an zwei zusammenstossenden Seitenflächen
mit reichem, in drei Reihen angeordnetem
Akanthuslaubwerk korinthischer Ordnung
geschmückt ist. Das Kapitell selbst ist
57 cm hoch; unter demselben hat sich
noch ein 30 cm hohes und 57 cm breites
Stück des kanellierten Pilasters erhalten
und zu beiden Seiten glatt bearbeitete
Stücke der Wandung, über welche die
Akanthusranken in starkem Relief bis zu
9 cm vorspringen. Es lag auf einer recht-
eckig behauenen Platte von 1,20 m Länge
und 74 cm Breite, welche nach der Leiste
an der oberen Kante zu schliessen einen
Bestandteil des Architravs bildete. Diesem
zur Seite fand sich das Mittel- und das
rechte Eck-Akroterion. Die Palmette des
erstem hat eine für die Höhenwirkung be-
rechnete überschlanke Bildung und besteht
aus dicht aneinandergereihten Voluten,
deren Stiele mit einem scharfen Grad ver-
sehen sind. Durch die Mitte geht eine
breite, lanzettförmige Längsrippe, die mit
sauber gearbeiteten Akanthusblättern be-
legt ist. Den halbrund abgeschlossenen
Sockel, aus welchem die Palmette hervor-
wächst, ziert ein Eierstab. Das Seiten-
Akroterion ist weniger sorgfältig gear-
beitet, die Stiele der Voluten sind flach,
die Längsrippe, die hier die Kante bildet,
bleibt unverziert und nur am Sockel er-
scheinen schematische Akantusblätter an-
einandergereiht. Die Akroterien erreichen
die Höhe von 80 cm. In der gleichen
Tiefe lagen noch zwei grosse Gebälkstücke
mit reicher Profilierung durch Leisten und
Kehlen, jedoch ohne pflanzliche Schmuck-
formen, das eine 1,18 m lang und 60 cm
breit, dreiseitig, und demnach zur Ver-
kröpfung des Gebälkes über einem Pilaster
gehörig, das andere vom zurücktretenden
Hauptgesims, 80 cm lang und 87 cm breit.

Zahlreiche andere Gebälkstücke mit der
nämlichen Profilierung kamen in verschie-
denen Grössen unter den eben genannten
zum Vorschein und machen nicht nur eine
Vervollständigung des Hauptgesimses mög-
lich, sondern geben auch noch Teile der
Giebeleinfassung, welche ebenso wie das
Hauptgesims gegliedert war. Das Giebel-
feld ist beinahe ganz in sechs mächtigen
Kalksteinblöcken erhalten, die von allen
Seiten sorgfältig bearbeitet sind und vorn
einen ungewöhnlichen Schmuck zeigen, die
Weltkugel, die von zwei Steinböcken aus
dem Tierkreise gehalten wird: der natür-
lich gebildete Vorderteil mit den Vorder-
beinen verjüngt sich in einen geradlinigen,
schuppenbedeckten Fischschwanz mit Flos-
sen, deren rückwärtige zu einem Bündel
von Akanthusblättern ausgestattet ist. Bei
weiteren Nachgrabungen, welche bis zur
Tiefe von 7 m fortgesetzt wurden, fand
man das zweite Eck - Akroterion, weitere
Bruchstücke des Gebälks, dicke, rechteckig
bearbeitete Platten aus Kalkstein und zahl-
reich zubehauene Tuffblücke, von welchen
einzelne die Profilierung des Hauptgesimses
wiederholen. Eine andere einfachere, aber
zierlichere Art der Profilierung ist in ei-
nem Bruchstücke aus Kalkstein erhalten,
in welchem wir wohl einen Teil der obern
Leiste des Architravs erkennen dürfen.
Dass ausser dem Giebel noch andere Teile
des Bauwerks figürlichen Schmuck besassen,
lehren die Überreste eines jugendlichen
Reliefkopfes, einer Medusenmaske, von
Armen und Beinen, eines Füllhornes, die
seitlichen Verkröpfungen einer Inschrift-
tafel u. v. a. Sonst wurden aus dem feuch-
ten, festgestampften Boden zwischen den
Steinblöcken Knochen eines grossen Opfer-
tieres, eines Rindes, Stücke von rotem und
gelbem Wandverputz, Scherben von Sigil-
lataschüsseln mit Reliefschmuck, von Am-
phoren und Töpfen, ein Hypokaustenziegel,
ein Messergriff aus Bein, sowie verrostete
Eisenstücke hervorgezogen. Nach den Fun-
damenten jedoch fahndete man vergebens.
Die dicht übereinander getürmten Blöcke
und Steinfragmente füllten eine im ge-
wachsenen Boden angelegte Grube in der
Höhe von etwa 3,50 m und einer Breite
von 2,50 m. Nachdem man bis zu der
 
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