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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 2.1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.3530#0284
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280 BESPRECHUNGEN.

betätige, um tiefere und richtigere Einsichten in diese Gebiete zu erlangen, so ist
dies doch eine Forderung, die meist nur zu geringem Teile erfüllt wird und erfüllt
werden kann, weil eben philosophische Arbeit und künstlerisches Schaffen zu weit
voneinander liegen. Da können nun klärend und helfend die Schriften von Künstlern
wirken; auch ein reger persönlicher Verkehr mit Künstlern kann für den Ästhetiker
von hohem Vorteile sein; allerdings darf der Forscher das Gesagte und Gesprochene
nicht ungeprüft hinnehmen und muß sich stets vor Augen halten, was für ein großer
Unterschied darin liegt, etwas zu erleben und sich Rechenschaft davon zu geben
oder es zu deuten. Dazu bedarf es psychologischer Schulung.

Es ist mir eine große Freude, daß ein so hervorragender Ästhetiker wie J. Vol-
kelt in seinem »System der Ästhetik« (I, 34 ff.) ähnliche Ansichten vertritt: »Von
besonderem Werte sind natürlich für ihn (den Ästhetiker) die Mitteilungen solcher
Personen, die durch ihre künstlerische Bildung hervorragen, und denen man die
Fähigkeit zutrauen darf, sich über ihr ästhetisches Erleben zuverlässig und klar zu
äußern. Namentlich wenn die ästhetischen Bekenntnisse von großen Künstlern
herrühren und die Innenvorgänge ihres Schaffens betreffen, kommt ihnen eine hohe
Bedeutung zu. Jeder bedeutende Künstler, der uns durch Mitteilungen in die innere
Werkstätte seines Sinnens und Gestaltens blicken läßt, liefert dem Ästhetiker einen
Beitrag für seine Lehre vom künstlerischen Schaffen.« Wenn wir nun aber das vor-
liegende Werk durchgehen, so finden wir unter den neunundzwanzig Kapiteln kein
einziges, das vom künstlerischen Schaffen selbst handelt. Und gerade das wäre
uns am meisten erwünscht gewesen! Das ist sicherlich eine Lücke. Ferner hat
sich der Verf. »um nicht gar zu weitschweifig zu werden« auf das 19. Jahrhundert
beschränkt. Man kann ja billigerweise nicht mehr verlangen als der Verf. zu geben
beabsichtigte; aber die Weitschweifigkeit hätte er wohl auch auf andere, richtigere
Weise vermeiden können, und zwar, indem er nur bedeutende Künstler berück-
sichtigte. Hier kommt es doch vor allem darauf an, was hervorragende Künstler
über ihr Schaffen und ihre Kunst gesagt haben; es handelt sich ja in diesem Falle
durchaus nicht um eine Übersicht über ästhetische Einsichten. Denn da hätten
Ästhetiker, Kunstwissenschaftler und Kunstfreunde herangezogen werden müssen.
Dies Werk jedoch gibt »Künstlerworte«; und unter diesen wären uns solche von
Dürer, Leonardo da Vinci, Reynolds u. s. w. weit wertvoller gewesen als hundert
Zitate von recht mittelmäßigen Vertretern ihres Faches, die nur den Kunsthistoriker
interessieren können.

Trotz der vorgebrachten Bedenken wird das Buch für jeden Ästhetiker anregend
und zugleich lehrreich sein; am wünschenswertesten wäre es, wenn es der Anfang
wäre einer vollständigen Sammlung von Künstlerworten aus allen Zeiten und allen
Gebieten der Kunst. Das gäbe dann ein vortreffliches Nachschlagewerk für jeden
Forscher, aus dem er erfahren kann, wie die Künstler zu diesem oder jenem Pro-
blem Stellung nehmen; vielleicht würde er auch auf ganz neue Probleme hinge-
wiesen werden.

Prag. Emil Utitz.

Moderne Illustratoren. Von Hermann Eßwein. Verlag von R.Piper u. Co.
München o. J. 8 Bde. in 4°.
Die seit 1904 erschienenen acht Bände des Gesamtwerks behandeln Thomas
Theodor Heine, Hans Baluschek, Henri de Toulouse-Lautrec, Eugen Kirchner, Adolf
Oberländer, Ernst Neumann, Eduard Munch und Aubrey Beardsley. Weiteren Kreisen
des Publikums werden sie willkommen sein als eine Sammlung von (nicht immer
guten) Nachbildungen hochgeschätzter Zeichnungen und Gemälde. Unser Interesse
 
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