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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 28.1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.14173#0437
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DICHTER U. PUBLIKUM ENDE D. 15. JAHRH. IN ENGLAND 219

Worten) als Sehnsucht nach dem schöneren Leben erklären zu müssen.
Wenn ein Vergleich aus dem Alltag erlaubt ist, so wäre es der mit dem
heutigen Kino, wo das kleine Bürgertum ein imaginäres Wien sehen will
oder wunderschöne Frauen und furchtbar männliche Männer, die in
unwirklich prunkhaften Häusern wohnen und ein unwirkliches happy
end erleben. Dies die unbefriedigende Wirklichkeit, ertragbar machende
Gegengewicht einer schönen Traumwelt, das Nicht-Wissen-Wollen, daß
die Menschheit es nie weiter gebracht hat, als daß eine ganz kleine
Schicht es gut hatte und der weitaus überwiegende Teil zeitlebens mit
dem Hunger kämpfte, mußte gerade in der sozial düsteren Zeit des
15. Jahrhunderts zu einer Übertreibung der ritterlichen Formen führen.
So erklären sich die von den Bürgern oder für die Bürger veranstalteten
Prunkaufzüge und Festturniere, die ein auf das Bürgertum sich stützen-
des Königtum wie in Burgund so auch in England zu unüberbietbarem
Ausmaß steigerte; und von hier aus gesehen gewinnen die das alte Ritter-
tum verherrlichenden Klagen des Kanzleibeamten Hoccleve wie des
etwas langweiligen, sittenstrengen Bürgers Caxton ihre richtige Bedeu-
tung: es ist Spätgotik, es ist sehnsüchtige Rückschau, modern gesprochen
würde man sagen: romantische Rückschau. Und zwar, das sei ergänzend
betont, ist es nicht die Stimme einzelner weniger. Cm^g/jg/^ggtiM
er nicht zu den wenigen sprechen will, daß er siel
fühlt; immer wieder betont er, daß er auch zu dem
spreche, und müht sich um eine Sprache, die diese =_
„Ich möchte gerne jedermann zufriedenstellen." — W= £
die früher gemachten Ausführungen über eine übe -
oder wie ich sagte, spätgotische Diktion vergleicht. = -
einen Widerspruch. In der Tat hat Caxton in der L =~~ ^
zwiespaltige Lage zum Ausdruck gebracht: die ei=~0
einfacher, die andern zu gehobener Redeweise, er woll-1-
weg versuchen; aber der Widerspruch geht viel weiter E- ~-
10. Die Theorie der Dichtung war die vom Mit f-^ vJ
ja nach ihren antiken Ursprüngen auch die Humanis §- -pr
zu eigen machten: Daß nämlich die Dichtung W E_2> ^
und daß dies durch erdichtete Geschichten geschäh]

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Dichtung ist mithin eine allegorische, der Sinn lie:£ n ~ J

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verborgen und ist eigentlich nur dem Kundigen enträH ,Q £

der bürgerliche St. Hawes, der, man möchte sagen, < = m ^

ins 16. hinüberträgt, spricht denen, die den verborge | >v

tung nicht erraten, den Verstand ab und wendet siiET 0 c

einfach bürgerliche Kreise, daß ein feingebildeter D=~ <j« -

fasser des Court of Love ihn, wie man vermuten möc .'=- w

parodiert. Damit erhebt sich aus den Widersprüche ^

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