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Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst — 1.1856

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Wattenbach, Wilhelm: Die Kongregation der Schottenklöster in Deutschland, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3677#0031
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DIE KONGREGATION DER SCHOTTENKLÖSTER IN DEUTSCHLAND. 28

keit, so tritt es uns sogleich als auffallend entgegen, dass sie selber uns keinerlei schrift-
liche Nachrichten hinterlassen hahen • der Sinn für einfache geschichtliche Ueberlieferung
scheint diesem Volksstamme fast ganz zu fehlen, und wo sie in späterer Zeit selber über
ihre Vorzeit berichten, da erwachsen sogleich die phantastischsten Fabeln. Nur dem Abte
Jonas von ßobio, aus Susa in Piemont gebürtig, verdanken wir es, dass von einem der
bedeutendsten jener irländischen Missionare ein klares Bild uns erhalten ist, von Kolumban
nämlich, der mit zwölf Gefährten zu Ende des VI. Jahrhunderts von Baiigor ausgezogen ist.*)
So pflegten sie immer zu wandern, in kleineren oder grösseren Schaaren, die schon durch
ihr Aeusseres den auffallendsten Eindruck machten; sogar an die uralte Sitte der Britten,
ihren Leib zu bemalen, erinnerten noch ihre bemalten Augenlider. Ihre ganze Ausrüstung
bestand in dem Pilgerstabe (cambutta), einer ledernen Wasserflasche, der Reisetasche und,
was ihnen als der grösste Schatz galt, einer Kapsel mit Reliquien. So traten sie vor das
Volk und redeten zu ihm überall mit dem ganzen Feuer ihrer heimischen Beredsamkeit.**)
Einige, wie Gallus, lernten die Landessprache; die übrigen bedienten sich eines Dolmetsch,
wenn sie vor Laien predigten: zur Geistlichkeit aber sprachen sie in der gemeinsamen la-
teinischen Kirchensprache. Furchtlos und rücksichtslos traten Kolumban und seine Genossen
dem gänzlich entarteten merowingischen Clerus gegenüber mit ihrer strengen Busspredigt
und erregten natürlich bald den grössten Hass derselben, während das Volk ihnen mit der
eifrigsten Verehrung zuströmte. Den vornehmen und mächtigen Prälaten der Franken war
schon ihre blosse Anwesenheit im Lande ein Greuel, weil sie zu nachtheiligen Vergleichun-
genAnlass gab; die Könige aber nahmen sie mit Ehrfurcht auf und gaben ihnen Land, um
Klöster zu gründen für sich und die zahlreich ihnen zuströmenden Franken und Bomanen.
Da bauten sie sich denn an nach ihrer heimischen Weise, indem sie einen weiten um-
schlossenen Raum mit ihren Hütten erfüllten, über welchen die Kirche sich gebietend er-

*) Ein Auszug daraus, von 0. Abel, in den Geschichtschreibern der deutschen Vorzeit. VII. Jahrhundert.
**) S. die Zusammenstellung von F. Keller , Bilder und Schriftzüge in den irischen Manuscripten der schweizeri-
schen Bibliotheken. Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich. VII. 1851. 4. Eine anschauliche Schilderung
eines irischen Pilgers späterer Zeit gicbt die folgende Erzählung des Abtes Samson von S. Edmunds in der Cronica Johan-
nis deBrakelonda p. 35: Bene scitis quod multum laboravi propter ecclesiam de Wlpel, propter quam habendam in proprios
usus vestros Her arripui versus Romam per consilium vestrum tempore scismalis inter papam Alexandrum et Octavianum,
transivique per Italiam illa lempestate qua omnes clerici, qui portabant litteras domini pape Alexandri, capicbantur et quidam
incarcerabantur, quidam suspendebantur, quidam truncatis naso et labiis renüttebantur ad papam in dedecus et confusionem
ipsius. Ego vero simulavi me esse Scottum, et Scotti habitum induens, et gestum Scotti habens, sepe illis qui mihi illude-
bant, haculum meum excussi ad modum teli quod vocatur gaveloc, de more Scottorum voces comminatorias proferens. Ob-
viantibus et interrogantibus quis esscm, nichil respondi nisi: Ride ride Rome, turne Cantwrberci. Sic feci ut me et propo-
situm meum celarem,

Tucius et peterem Scotti sub imagine Romam.
impetratis autcm litteris a domino papa (12. Jan. 1161) pro voto meo, in redeundo transivi per quoddam caslellum sicut via
me dueebat ab urbe, et ecce ministri de Castro circumdederunt me capientes et diccntcs: Iste solivagus qui Scottum se fa-
cit, vel explorator est vel portitor litterarum falsi pape Alexandri. Et dum perscrutabantur panniculos meos et caligas et
femoraha et etiam sotalares (Schuhe, souliers) vcteres quos super humero portavi ad consuetudinem Scottorum, inieci ma-
num meam m peram quam portavi cuteam, in qua scriptum domini pape conlinebatur positum sub parvo ciffo quo bibere solcbam,"
et domino Deo volente et sancto Aedmundo simul extraxi scriptum illud cum ciffo, ita quod brachium exlendens in altum,
breve tenui sub ciffo. Ciffum quidem vidcrunt, sed breve non perceperunt. Et sie evasi manus eorum in nomine Domini.
- Diese Stelle, nebst mehreren anderen Notizen, verdanke ich der Güte des Herrn Dr. Jaffe.
 
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