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Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst — 2.1858

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KLEINERE AUFSÄTZE UND NOTIZEN. 83

Der Dichter stellt hier die Maria mit dem durch Feuer sich verjüngenden Phönix, mit einem
Baume in Spanien, der Vögel hervorbringt, und mit einer Quelle in Sicilien, deren Wasser den Frauen
Fruchtbarkeit gewährt, zusammen. Nun ist zwar der Phönix in der christlichen Symbolik schon längst
bekannt als das Bild des auferstandenen Heilandes oder auch als Symbol der Unsterblichkeit überhaupt,
aber es wäre nach der angezogenen Dichterstelle auch gar nicht auffallend, wenn irgendwo bei kirchli-
chen Darstellungen des Phönix auch in Verbindung mit der Maria gedacht würde, eben so mit dem
Vögel hervorbringenden Baume und der sicilianischen Quelle. So ist in der Domkirche zu Magdeburg eine
Kapelle, gewöhnlich C. sub turribus oder Ernestinische Kapelle genannt, welche der Erzbischof Ernst im
Jahre 1494 der Mutter Maria weihete. Die grösseren Wandflächen waren früher mit Darstellungen aus
dem Leben der Maria geschmückt, während die kleineren mit noch erhaltenen Bäumen ausgemalt sind,
in deren Zweigen sich Vögel befinden. Allerdings kann der Maler diese Ornamente ohne alle symbolische
Beziehung gemalt haben, es wäre aber auch möglich, dass sie an jenen Wunderbaum in Spanien erin-
nern sollten, auf welchen Gedanken man um so leichter kommen kann, da Seb. ßrant (geb. 1458 und
gest. 1521) ein Zeitgenosse des Erzbischofs Ernst war, und dem Maler also die Verse des Dichters wohl
bekannt sein konnten.

Magdeburg. Brandt.

3. Die goldene Altartafel von Basel. — In Beziehung auf die im 1. Hefte dieses II. Bandes
unserer Zeitschrift S. 47 enthaltene Anzeige der WACKERNAGEL'schen Schrift über das goldene Antipendium
von Basel halten wir es für geboten zu bemerken, dass dem Herrn Bef. nur das ursprüngliche Schul-
programm Wackernagel's mit der demselben allein beigegebenen, die Hauptansieht in kleinem Maasstabe
enthaltenden einen Tafel vorgelegen hat. Später ist die Schrift mit weiteren drei Tafeln vermehrt in
den Buchhandel gegeben worden, und nicht blos Kugler (D. Kunstbl. 1857 S. 377), sondern auch
Heider (Mittheil, der k. k. Central-Commission 1857 S. 307), ersterer in Verfolg seiner bereits früher
ausgesprochenen Ansicht (vgl. Kl. Schriften I. S. 486) haben sich aus artistischen Gründen, besonders auch
auf Grund der drei Blätter mit den Details, veranlasst gesehen, der von Wackernagel festgehaltenen
500jährigen Tradition entgegenzutreten und die Entstehung des Kunstwerkes, welches sie der spätro-
manischen Periode zuschreiben, in der Zeit Kaiser Heinrieh's II. in Abrede zu stellen. Wir halten die
Sache einstweilen noch für unentschieden, und meinen die Erwiderung der Baseler Fachgenossen Wa-
ckkrnagel und Biggenbach abwartenzu müssen, da die bisherigen Puhlicationen noch Manches zweifelhaft
gelassen haben, was nur durch Autopsie des Gypsabgusses, oder des in Paris befindlichen Originales,
entschieden werden kann. Die vorliegenden Zeichnungen scheinen uns dazu keineswegs ausreichend,
indem bei der geringen Zahl der dem XI. Jahrh. sicher angehörenden Goldschmiedearbeiten (und
um solche handelt es sich hier lediglich) eine bis ins Einzelnste gehende sorgfältige Untersuchung auch
des technischen Theiles durchaus erforderlich ist. Zugeben wollen wir, dass Wackernagel für das hohe
Alter der Tafel eigentlich keinen Beweis geliefert, sondern sich in Wahrheit nur an die Local-Ueberlie-
ferung gehalten hat. Letztere scheint indess, da sie durch eine amtliche Notiz in einem kirchlichen
Lectionarium, wenn auch erst des XV. Jahrh., gestützt wird, alle Beachtung zu verdienen. Wenn aber
Kegler das Antipendium von Basel nach den vorliegenden Zeichnungen mit voller Zuversicht dem Ende
des Bomanismus zuweist, so fällt es uns auf, dass die ersten archäologischen Autoritäten Frankreichs,
de Cadmont (Cours d'antiquites VI. p. 6 und 151) und Didron (Annales areheol. III. 359, IV. 244. 287),
auch der kritische Guilhermy (ltiner. arch. p. 354), denen das Original zugänglich ist, bisher keinen
Anstand genommen haben, an der Tradition festzuhalten. Vielleicht finden sich die französischen Fach-
männer veranlasst, dem wichtigen Gegenstande erneute Aufmerksamkeit zuzuwenden, und helfen mit zur
Entscheidung der noch obwaltenden Differenzen. *)

Schliesslich gestatten wir uns, noch einige rein archäologische Punkte zu berühren, von
denen wir glauben, dass sie immerhin beachtenswerth sind. Die Buchstaben der Inschrift erinnern uns
an die notorisch dem XI. Jahrhundert angehörigen Original-Zeilen auf den Erzthüren des Willigis am
Dorne zu Mainz, mit Ausnahme allerdings des gewiss sehr ungewöhnlichen eckigen G; gerade dieses
aber findet sich genau in demselben Ductus wieder in dem Worte GAVDE auf einer Miniatur in einem jetzt
zu München befindlichen Bamberger Missale Kaiser Heinrieh's II. (Vgl. Förster, Denkmale Bd. II. Malerei,

*) Die betreffende französische Literatur s. in Texier, Dictionnairc d'orfevreric. p. 199.

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