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Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst — 2.1858

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ERHALTUNG UND ZERSTÖRUNG DER DENKMÄLER. 87

sten Bliithe im Mittelalter, Niemand vorhanden ist, der sich der hülflosen, nun schon seit 2 Jahren des
Dachwerks beraubten Halle erbarmt. Freilich wird sie keine Miethe abwerfen, wie der schon seit Jahren
in vielstöckige Zinshäuser umgewandelte und mit Gas erleuchtete Kreuzgang.

3. Die schöne Kirche zu Offenbach am Glan ist durch die Herausgabe von C. W. Schmidts
Baudenkmalen in Trier und seiner Umgebung, Lief. 3, bekannt und demgemäss auch kunsthistorisch als eins
der ältesten gothischen Werke in Deutschland, in nächster Beziehung mit der Liebfrauenkirche zu Trier
stehend, gewürdigt worden. Wer das Glück hatte, dieses Monument selbst zu sehen, wird zugestehen,
dass wir darin ein in jeder Weise kostbares und liebenswürdiges Werk besitzen, werth den edelsten an
die Seite gesetzt zu werden. Die gewohnliche Ansicht (von Kugleu und Sciinaase vertreten) lässt das-
selbe in einer Art Abhängigkeit von der vorgenannten Trierer Kirche stehen. Nach eigener Besichtigung
können wir dem doch nicht ganz beitreten. Wir sind der Ansicht, dass die erste Anlage der Kirche
noch im deutsch-romanischen Uebergangsstyl ist, der ja schon anderwärts mit französisch-gothischen
Elementen sich mehr und mehr gefüllt hatte, und doch noch nicht als gothisch bezeichnet werden darf.
Wir nennen als ein kleines, aber sehr glänzendes Monument der Art, die nicht sehr fern von Offenbach
gelegene Kirche zu Pfaffenschwabenheim. Die Grundlage der Kirche zu Offenbach mit ihren 3 Polygon-
absiden, den spitzbogigen Schlitzfenstern, von Säulchen mit Ringen begleitet, und letztere auch an den
Gewölbeträgersäulen, so wie die harten Profile der Gewölberippen des Chorschlusses entsprechen dem
ganz; die Rundbogenfriese des Aeussern sind zum Theil noch völlig romanisch, während die Strebepfeiler-
vorlagen schon entschieden gothisch sind. Sehr beachtenswert!! ist nun der allmähliche Fortschritt zum
letzteren Style hin, je mehr der Bau gegen Westen vorrückt. Der Langchor zeigt schon golhische Pro-
file in den Gewölberippen, an den vier Hauptsäulen der Pfeilerbündel aber noch spätromanische
Kapitale mit Bestienverschlingungen: alle übrigen daneben aber sind schon mit den Knospenkapi-
tälen, der charakteristischen Form des Uebergangsstyls, geschmückt. Im ganzen südlichen Kreuze herr-
schen dieselben gleichfalls neben allen den vorgenannten Formen desselben Styls, unter denen sich na-
mentlich das dreifach spitzbogige Gruppenfenster der Südwand auszeichnet. Die Kapitale zwischen Chor
und Kreuz sind zwar auch noch Knospenkapitäle, doch sind ihnen schon einzelne Pflanzenblätter in go-
thiseber Weise gegengelegt. Im nördlichen Kreuze herrschen diese schon vor, und nicht minder haben
die Fenster hier schon Theilungsstäbe und Rosetten in ganz golhiseber Weise; namentlich das grosse
Nordfcnster zeigt bereits die edelsten gothischen Formen. Auch die Profile der Gurten und Grate fol-
gen jener Steigerung zum Gothischen hin, so dass sie z. Tb. zu unterst ein noch weniger entwickeltes
Profil zeigen; darüber aber, an demselben Gurte ein völlig vollendetes, das dem des Cölner Doms als
würdiges Muster dienen konnte. Noch weiter entwickelt zeigen sich die Details der Kuppel, und das
obere Oklogon leidet sogar schon an etwas mageren Formen. Das leider nur in geringen Resten vor-
handene Langhaus scheint die Gothik in ihrer edelsten Weise repräsentirt zu haben.

Es sind die edelgothischen Thcile unserer Kirche, welche der zu U. L. Fr. in Trier verwandt
sind. Wenn letztere mehr wie aus einem Gusse, eine einzige in sich geschlossene Conception eines be-
stimmten Meisters ist, so stellt die Kirche zu Offenbach vielmehr die allmähliche Entwicklung eines
Künstlers dar, dessen jüngste Stufe der jenes Bauwerkes entspricht. Anstatt ein Ausfluss des letzteren
zu sein, dürfte man das Verhältniss eher als das umgekehrte bezeichnen. Man könnte zu der Annahme
geneigt sein, dass die Kirche zu Offenbach das Jugendwerk des Trierer Meisters sei, an dem er seine
Studien durchgemacht, um dann, nachdem er noch Anderes gesehen (besonders die bedeutenden Werke
der nordfranzösischen Gothik, und unter ihnen namentlich die der Trierer Kirche so verwandte zu
Braille), schliesslich in der Liebfrauen-Kirche sein Meisterstück hinzustellen. Zu dieser Annahme würde
die eigenthümliche Frische berechtigen, welche unzweifelhaft diesem Werke, sowie der Kirche zu Offenbach,
innewohnt, im Gegensatze zu den etwa gleichzeitigen französischen Werken, die im Ganzen, bei allen
sonstigen Vorzügen, schon mehr ein Abmatten zeigen, und mehr auf letzte Ausbildung des Ueberliefer-
ten, Regelrechten, als auf neue Schöpfungen losgehen. Die ersten deutschen Meister dagegen, und der
von Trier an der Spitze (und sehr bald von dem Marburger gefolgt) schlugen namentlich im Detail so-
gleich einen neuen und glücklichen Weg ein, der sich nur durch Vergleich mit den edelsten Formen
der letzten deutschen Uebergangs-Periode erkennen lässt. Nirgend aber zeigt sich dieser Uebergang so
deutlich wie in Offenbach. Um so klarer wird dies, wenn man jene genannten Kirchen mit eini-
gen anderen derselben Gegend, des Thors, durch welche der gothische Styl zuerst aus Frankreich in
 
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