Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst — 2.1858

DOI article:
Passavant, Johann David: Die Maler Roger van der Weyden und einige Notizen über Goswin und Peter van der Weyden, [2]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3678#0128

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
124 DIE MALER ROGER VAN DER WENDEN.

ausübt. Ferner isl dort der Vater und der Sohn, denen, um das Reelit in Eltren zu hallen,
einem jeden ein Auge ausgestochen wird*), und dergleichen Darstellungen mehr, welche
Dinge zum Verwundern anzusehen sind.

Von den Gemälden mit der Geschichte Herkinbalds dürfte uns eine gewirkte Tapete,
die kürzlich aufgefunden worden ist, eine richtige Vorstellung gehen. Dieser Teppich be-
fand sich ehedem in der S. Pelerskirche zu Löwen und wurde von der Gesellschaft S. Viu-
cenz de Paul vor einigen Jahren im Palast der Bue Ducale in Brüssel mit andern Gegenstän-
den öffentlich ausgestellt. Er zeigt links im Grund einen Garten, in dem ein junges Paar
spatzieren geht. Sodann rechts Herkinhald im Belle, und wie er seinen Neffen mit einem
Messerstich in die Brust das Lehen nimmt. Endlich nochmals Herkinhald auf seinem Bette
liegend, mit enlhlösster Brust, wie er dem Bischof, welcher ihm die Gommunion versagte,
seinen offenen Mund mit der Hostie zeigt. Vor ihm befinden sich mehrere Weiher, und
zur Seite stehen noch viele Personen hei ihm. Es ist ein Werk aus dem 16. Jahrhunderl,
wie es die Architektur und die Costüme bestimmt anzeigen. Der Teppich misst 4 Meter
(12 Fuss) Höhe auf 4 7a (13 '/a Fuss) Breite.**)

lieber den Meisler Roger seihst ist nur noch zu berichten, dass er von seinem an-
sehnlichen Vermögen schönen Gebrauch machte und sehr wohllhälig war. Dieses bezeugen
in lebendigem Ausdruck die lateinischen Lobgedichte, welche Lampsomus auf ihn, den Mei-
sler der wundervollen Gemälde im Justizsaal zu Brüssel, gemacht hat. Ein längeres Iheilt
Garel van manüer in dessen Lebensbeschreibung mit; das andere befindet sieh unter sei-
nem Portrait in den „Pictorum effigies", welche Hier. Cocr in Antwerpen besorgte, und ist
folgenden Inhalts:

Dem Maler Roger aus Brüssel.

„Roger, du hast viele schöne Gemälde gemacht, so gut es nur deine Zeit erlaubte,
und noch werlh, von den Malern unserer Tage studiert zu werden. Solche Malereien sind
die, welche im Gerichtssaal zu Brüssel verhindern von dem rechten Pfad der Gerechtigkeit
sich zu entfernen. Aber noch weit rühmlicher für dich ist, dass du durch deinen letzten
Willen den Armen eine Abhülfe gegen den Hunger gestiftet hast. Dieses ist ein Monument,
dessen Glanz nie erlöschen wird."

Alle Nachforschungen nach dem Testament des Jüngern Boger blieben bis jetzt er-
folglos, vielleicht weil man in Brüssel nur nach dem des Allen gesucht hat. Indessen ist
aus der Geschichte der Carmeliterklöstcr von de Vaudere ersichtlich, dass er dem von Scheut
ein Legal gemacht.***)

*) Hier ist von dem Gesetzgeber von Lociien, Zeleucus, die Rede, dessen Sohn wegen Ehebruch zum Tod ver-
urtheilt war. Der Senat jedoch, aus Rücksicht für das Haupt des Staats, wollte, den Schuldigen begnadigen. Zeleucus wollte
dagegen für niemand Straflosigkeit und liess sich und seinem Sohn jedem ein Auge ausstechen, Dieses sonst nicht erwähnle
Bild befand sich wahrscheinlich auf der Aussenseitc eines der Flügelbikler.

**) W auters, Revue etc. II. p. 172,

***) Historia monasterii noslre Dominae de Gratia, ordinis Cartlmsicnsis. Hier steht unter den Wohlthälera des
Klosters: t,Rogerus de l'ascua sive ffeydius, pictor, civis Bmxellensis, cujus egrngia el rara opera piclume qnattior
quae in curia civium cernuntw." — Wauters, Revue etc. II. p. 35.
 
Annotationen