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Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst — 2.1858

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LITERARISCHE ANZEIGEN. 191

Sehr interessant ist auch eine Reihenfolge von Taufsteinen, welche sämmtlich, ausser dem Mit-
telfusse auf vier kleineren Nebensäulen ruhen; doch selbst den einfachsten derselben, den zu Zyfflich,
vermögen wir nicht bis ins XI. Jahrb. hinaufzurücken, da die Gründung des Stifts am Anfange desselben
nicht nothwendig die Entstehung des gegenwärtigen Taufsteins in derselben Zeit voraussetzt. Die in der
Form der verkehrten attischen Basis zierlich profilirten Abaken über den vier kleinen rohen Köpfen des obe-
ren Randes deuten mehr auf das folgende Jahrb., dem auch die Mehrzahl der übrigen angehören wird.
Auch die spätgothischen Taufsteine zu Dornick (IV, 8) und Hüsberden (VI, 4) sind wegen ihrer völlig
gleichen Bildung interessant; dann wird aber auch auf ersterem wie auf letzteren die Taufe Christi vorge-
stellt sein, wo gegenwärtig, wie es scheint, eine nackte, weibliche Figur (Eva) von einer knieenden männ-
lichen verehrt wird. Der Taufstein zu Qualburg (X, 5) trägt auch in den späten Formen des Fusses
mehr den Charakter des XV. als des XI. Jahrhunderts.

Der auf Taf. X. Fig. 8 abgebildete schöne Leuchter fand sich 1845 noch in zwei Exemplaren
in der ehemaligen Stiftskirche zu Wissel vor. Dass dieselben aus ihrer uralten Heimath entfernt worden
sind, wo sie noch den Glanz des ehemaligen Stiftes repräsentirten, um in dem weder in geschichtlicher
noch kirchlicher Hinsicht in alter Zeit ihm verbundenen Münster, dessen Diöcese es erst in
neuester Zeit überwiesen wurde, im bischöflichen Museum aufgestellt zu werden, können wir weder
in diesem noch in anderen angeführten Beispielen billigen, da die Bedeutsamkeit solcher Monumente am
Orte ihrer Stiftung eine viel grössere ist, als wenn sie in den Todtenkammern der Museen, mögen es
geistliche oder weltliche sein, zusammengehäuft werden. Die betreffenden geistlichen Behörden werden
uns selbst zustimmen, dass die Candelaber auf dem Allare, für den sie gestiftet wurden, eine würdigere
Stellung einnehmen, als in Reihe und Glied einer Sammlung, von wo sie irgend ein Sturmwind leicht
dem Untergange oder der Zerstörung zuführen könnte.

Die Kirche selbst mit ihrer schon sehr gothisirenden Pfeilerstellung und ihren mit Rippen ver-
sehenen Gewölben möchten wir doch lieber dem XIII. als mit dem Verfasser schon dem XII. Jahrb.. zu-
schreiben, trotz der einfacheren Romanik des Aeussern. Doch bescheiden wir uns hier auf architektonische
Controversen einzugehen, wie sie namentlich die Einleitung mehrfach darbieten würde.

Unter den auf Taf. VII. mitgetheiltcn Grabmonumenten der Stiftskirche zu Cleve, deren jedes
ein fürstliches Paar des daselbst gebietenden hohen Hauses darstellt, ist hei Erklärung der beiden
jüngeren gravirten Grabplatten sicherlich eine Verwechselung vorgekommen, indem das Wappen über der
Herzogin Fig. 6 mit den Schilden von Hessen, Katzenellenbogen, Dietz und Ziegenhain dieselbe jeden-
falls als Mechlhilde von Hessen, Gemahlin Herzog Johanns II., bezeichnet, was auch noch durch die übri-
gen Wappen umher bestätigt wird, während der Herr Verfasser diesem Fürstenpaare das unbezeich-
nete Monument No. 4 zuweist. Natürlich gehört zu jenem dann auch die S. 17. Anm. 7 initgetheilte
isolirte Grabschrift. Die Anrufung der h. Elisabeth erklärt sich also nicht durch Namensgleichheit, son-
dern durch die Abstammung von letzterer. Der h. Evangelist Johannes hinter dem knieenden Herzoge
passt aber ebenso wohl zum zweiten wie zum ersten dieses Namens.

Sehr zu loben ist es, dass von den Chorslühlen zu Emmerich, Cleve, Calcar und Xanten nicht
nur, wie so häufig, einzelne ausgewählte Details mitgetheilt, sondern dass sie in ihrem ganzen Zusam-
menhange vorgeführt worden, wodurch sie erst den schönen Organismus zeigen können, der dein Detail
seine gebührende Stelle und eigenthümliche Form verleiht. Wenn der Herr Verfasser die Chorstühle
zu Xanten (S. 42) noch romanisch, dem Uebergangsstyle zuneigend findet, so haben wir dagegen überall
nur vollendete gothische Formen entdecken können, obschon allerdings jener Naturalismus in ihnen sich
nicht vorfindet, den wir mehrfach an den Bildwerken der drei übrigen, sämmtlich dem Ende des XV.
Jahrb.. angehörigen erkennen, die, wie der Herr Verfasser richtig bemerkt, zum grossen Theile der durch
den Reineke Fuchs bekannten Thierfabel angehören. Wenn derselbe aber nach Kinkels Vorgänge das
häufige Vorkommen der darauf bezüglichen Darstellungen daraus erklärt (S. XXI. und 10), dass die Thier-
fabel am Niederrhein oder in dessen Nachbarschaft entstanden sei, so möchte dies mit den gegenwärtig
feststellenden Annahmen nicht übereinstimmen, welche das Tbierepos bereits der ältesten Vorzeit aller
germanischen Stämme zuweist, daher es auch mehr oder weniger vollständig überall hervortritt, selbst
bei denen die im welschen Land sich niedergelassen hatten; nur könnte man anerkennen, dass das na-
turalistische Element derselben vorzugsweise bei den Niederländern, zu denen ja auch die hier in Rede
befindlichen Gegenden gehörten, beliebt und von ihnen ausgebildet wurde, wesshalb wir ihnen auch die
letzte und vorzüglichste poetische Behandlung verdanken, ehe ihr unser grösster neuerer Dichter die
Vollendung verlieh. Damit mag denn auch das in den vorliegenden Monumenten so häufige Vorkommen
der bezüglichen Scenen zusammenhängen. In Bezug auf die reichste dieser Anlagen, zu Emmerich, be-
merken, wir noch, dass die Wappen daran sich wohl nicht, wie S. 9 vermiitbet wird, auf die Cauo-
nichen, sondern auf die Almen des Geschenkgebers, des Stiflsprobstes Graf Moritz von Spiegelherg, bezie-
hen, dessen Wappen, der Hirsch, deutlich in der Mitte erscheint. Die auf einer Seite neben-
einander befindlichen Wappen von Lippe, Hoya, Mark und Sachsen, sämmtlich hohen sächsischen Ge-
schlechtern angehörig, werden zu seinen Ahnen gehören, da schwerlich Glieder derselben hier gleich-
zeitig nebeneinander Stiftsherren waren.

Wenn wir von den verschiedensten Kategorien von Bildwerken, von denen im Vorgehenden eine
 
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