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Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst — 2.1858

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Bock, F.: Der Einband des Evangeliencodex aus dem Kloster Echternach in der herzoglichen Bibliothek zu Gotha
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https://doi.org/10.11588/diglit.3678#0246

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242 DER EINBAND DES EVANGELIENCODEX

griechischen Ornamentisten erralhen, sondern geben vollständig die Verzierungsweise zu er-
kennen, wie sie von abendländischen Künstlern geübt wurde, die als kaiserliche Schreiber
und Miniatoren am Hofe und in der Nähe des kunstsinnigen Otto II. sich befunden haben
mögen. Als besonders merkwürdig und sonst seltener vorkommend erscheint die Trennung
der einzelnen Evangelien in diesem kaiserlichen Prachtcodex durch scheidende Vorsatzblätter,
die in Art und Weise von gewebten Seidenstoffen behandelt und ornamentirt sind. Man
erblickt nämlich auf den zwei Seiten, die von dem Safte der Purpurschnecke (murex) dun-
kelvioletl geröthet sind, verschiedenartige, ornamentale und figurale Dessins, wie sie in die-
ser Zeit auf byzantinischen und orientalischen Geweben stereotyp vorkommen. Diese Musterung
erscheint zuweilen in fortlaufenden Streifen {etojfes rayes); zuweilen sind in diesen Dessins
jene „pallia holoserica rotata oder scutellata" veranschaulicht, wie sie uns der bekannte
Biograph der Päpste Anastasius Ribliothecarius in seinem Werke „ Vita Romanorum ponti-
ficum" in ausführlicher Schilderung zahlreich vorführt. Sie geben Anhaltspunkte zur Be-
stimmung des Allers ähnlich figurirter Stoffe.

Zu der beabsichtigten Detailbeschreibung des unvergleichlich reichen Einbandes über-
gehend, bemerken wir hier gleich Eingangs, dass der äussere Deckel die beträchtliche Länge
von 1'5" Rhl. aufweist, bei einer Breite von 1' Rhl. Durch diesen umfangreichen Deckel
wird das kostbare Manuscript in einer Weise eingefasst, dass der äussere Prachtdeckel den
innern Codex gradlinig abschliesst und keinen vorspringenden Rand übrig lässt. Der hin-
tere Deckel ist wie gewöhnlich zum Auflegen blos mit einem ungemusterten Seidenstoffe
überzogen und mit kleineren Eckbesätzen von vergoldetem Rothkupfer abgefasst, damit beim
Auflegen keine Friction hier entstehen kann. Ein desto grösserer Ornamentreichthum ent-
faltet sich jedoch auf dem vordem Haupt- und Prachtdeckel, der bei altern Schriftstellern
häufig den Namen: „latus frontale" führt. Zur Ausstattung dieses Prachtdeckels haben
drei Künste sich die Hand geboten, um vereint das Grossartigste zu leisten, was sie zu
bieten vermochten. Nicht nur war zur Decoration dieses „Frontale" der Meissel eines ge-
üblen Elfenbeinschnitzers lliätig, sondern auch ein äusserst geschickter Emailleur hat seine
Farbenschmelze hergeliehen, um in edlem Wetteifer mit dem Goldschmied, der im Treiben
von figürlichen Darstellungen sehr geschickt war, das Ganze zu einem lehr- und farben-
reichen Bildwerk umzugestalten. Auf eine solche Weise sollte nicht nur dem prachtvoll ge-
schriebenen Codex, der die Fundament ehren des Christenthums, die vier Evangelien nach
der Uebersetzung des h. Hieronymus (Vulgata) enthielt, eine würdige und kunstgerechte
Einfassung und Bedeutung gegeben werden, sondern derselbe sollte auch als ein Geschenk
des ersten und mächtigsten Fürsten der Christenheit nach aussen hin möglichst kostbar und
prachtvoll ausgestattet sein.

Wie der nach einer Photographie gearbeiteleSlahlstich Bl. XVII veranschaulicht, ist um den
äussern Rand dieses Prachtdeckels ein erhaben aufliegender Ornamentstreifen von 3/4 Zoll Breite
herumgeführt, der zusammengesetzt wird aus kleinem rechteckigen Comparlimenten von
filigranirtcn Goldplättehen mit gefasslen Steinen, die mit rechteckigen Plättchen von kost-


 
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