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Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst — 2.1858

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Bock, F.: Der Einband des Evangeliencodex aus dem Kloster Echternach in der herzoglichen Bibliothek zu Gotha
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https://doi.org/10.11588/diglit.3678#0247

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AUS DUM KLOSTER ECHTERNACH. 243

baren eingekapselten Emails abwechseln. ') Zur Erklärung der Technik dieser seltenen
Kapselemails im Folgenden übergehend, machen wir hier darauf aufmerksam, dass dieselben
in weissen, grünlichen, bläulichen und rothen durchsichtigen Schmelzen 2), in reicher Ab-
wechselung zehn verschiedene Musterungen3) zu erkennen geben, die als häufig wieder-
kehrende Ornamente der frühromanischen Kunstepoche sich herausstellen. 4)

Da heute dergleichen emaux cloisonnes aus der Frühzeit der romanischen Kunst zur
Seltenheit geworden sind, so sei es gestattet, hier im Vorbeigehen darauf hinzuweisen, dass
heute noch in der äussern Umrandung und den Einfassungen des in Rede stehenden Deckels
fünfzig meist längliche, zum Theil aber auch quadratische Emailplältchen vorkommen; zwei
derselben scheinen schon früher verloren gegangen zu sein. Denjenigen, die solche emaux
cloisonnes, die kostbarste und zugleich seltenste Galtung von frühmittelalterlichen Schmelz-
werken, zu sehen und technisch zu untersuchen nicht Gelegenheit hatten, mögen hier folgende
allgemeinere Andeutungen über die Einrichtung und Anfertigung solcher eingekapselten Emails
genügen. Der Emailleur wählt zuerst ein starkes Goldblech von der Grösse der projectirten
Emailfläche, und umzieht dasselbe nach den vier Seiten mit einer niedern Umrandung in
Gold. Alsdann löthet er auf dieser goldenen Fläche in Form von dünnen Goldstreifchen
(Wändchen, parieles) vertical jene kleinen zellenförmigen Behälter auf, die er gleich darauf
mit der flüssigen Emailmasse vorsichtig ausfüllt. Durch Weissfeuer werden dann in einem
besondern Emaillirofen diese durch die ebengedachten kleinen Goldkapseln immer der Farbe
nach getrennten Emailflüsse von verschiedenen Farben gehärtet und durchsichtig gestaltet.
Nach vorheriger Schmelzung und Polirung stellen sich alsdann die ebengedachten gradlinig
aufgelöthelen Goldwändchen (Kapseln) in den durchleuchtenden Farbenschmelzen als dünne
zarte Goldfäden heraus, die als goldene Linien die Umrisse der Musler formiren.

Wir unterlassen nicht, Kenner vom Fach darauf hinzuweisen, dass bei näherer Be-
trachtung der vielen, eben beschriebenen Emailornamente auf dem Frontale des Gothaer
Prachtcodex uns die grosse Aehnlichkeit sehr anschaulich geworden, die zwischen diesen
Emails und den ganz ähnlich dessinirten „emaux cloisonnes'' zu erkennen ist, die sich auf
den reichen Goldkreuzen im Schatze der alten Stiftskirche zu Essen heute noch befinden
und nachweislich aus der Zeit der Ottonen herstammen.5)

Die Filigranornamente, die sich immer abwechselnd mit den eben erwähnten Email-
plältchen als erhaben aufliegend auf diesem Deckel zu erkennen geben, bilden allemal auf
filigranirter Grundfläche kleinere Kreuze, in denen ein gefasster Halbedelstein die Mitte in

1) Französische Archäologen haben in neuester Zeit diese Emails als „emaux cloisonnes" technisch zu benennen
den Anfang gemacht.

2) Nach genauerer Untersuchung fand ich folgende: tiefblau, tiefgrün und tiefroth als durchsichtige Schmelze,
türkisartiges blau, hellgrün, karneolroth, gelb und weiss als undurchsichtige. v. Q.

3) Ich fand (leren dreizehn v. Q

4) Der Charakter der Ornamentik darf näher als rein-byzantinisch bezeichnet werden. Der romanische hat sich
erst später gebildet, durch eine Einwirkung byzantinischer und germanischer Elemente auf die traditionell überkommenen
spätrömischen Formbildungen. v. Q.

5.) Wir verweisen auf den nachfolgenden Aufsatz über die ältesten Email-Arbeiten in Deutschland. v. Q.

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