Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

DOI Artikel:
Steffens, Arnold: Die alten Wandgemälde auf der Innenseite der Chorbrüstungen des Kölner Domes, [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0134

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
203

1902.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST

Nr 7.

204

ein Kind zum Gebete hingestreckt mit gefalteten
Händen. In der Höhe über dem Schreine steht
geschrieben Constanti7iopolis.

Unter dem Bilde stehen folgende Verse:
Compta per maria camulo vexata laborum
"Vexit helena pia bizaneion ossa magorum.
Unter unsäglichen Mühen trug Helena über die Meere,
Herrlich geschmückt, nach Byzanz die Gebeine der

Weisen mit Ehre.

6. Uebertragung der hh. Drei Könige
nach Mailand.
Zu Kaiser Manuels Zeiten lebte ein sehr unter-
richteter und frommer Mann, griechischer Ab-
kunft, Eustorgius mit Namen. Dieser kam als Bot-
schafter des Kaisers Manuel nach Mailand und
wurde dort vom Volke zum Bischöfe gewählt.
Eustorgius kehrte daher nach Konstantinopel
zurück, sagte dem Kaiser Dank und erhielt
von diesem, auf seine Bitten die Leiber der
hh. Drei Könige zum Geschenke. In einem
Marmorsarge brachte er diese mit vieler Mühe,
unter vielen Nachtwachen und Gebeten in die
Stadt Mailand.

So berichtet das alte Kölner Brevier.19)

Seltsam mag es erscheinen, dafs im Brevier
wie in der Legende unseres Bildes Kaiser
Manuel aus dem XII. Jahrh. (1143—1180) zum
Zeitgenossen des Mailänder Bischofs Eustor-
gius, der im IV. Jahrh. lebte, gemacht wird.
Kaiser Manuel war den Abendländern anläfs-
lich des zweiten Kreuzzuges besonders bekannt
geworden, und so kam es, dafs sein Name als
Kollektivname für den Kaiser von Bryzanz über-
haupt in Geltung kam. Da nun die Mailän-
dische Lebensbeschreibung des Eustorgius den
Kaiser, welcher die heiligen Leiber hergab,
verschwieg, so wurde in Köln einfach der selbst-
verständliche Name Manuel hinzugefügt. Die
Legende unseres Bildes besagt auch, die hh.
Drei Könige seien im Tempel des Ambrosius
(fanum Ambrosianum) zu Mailand beigesetzt
worden. Mit dieser Ambrosius-Kirche verhält
es sich ähnlich wie mit dem Namen Manuel.
Im Brevier ist die mailändische Kirche, in
welcher die Beisetzung stattfand, nicht genannt.
Da aber die Ambrosius-Kirche als die Haupt-
kirche Mailands bekannt war, so wurde sie
ohne Weiteres auch als Beisetzungs-Kirche der
hh. Drei Könige hingeschrieben. In Wirklich-
keit wurden die hh. Drei Könige in der Basi-

lica Eustorgiana, die übrigens der Ambrpsiana
ähnlich sieht, beigesetzt.

In unserm Bilde steht links vom Beschauer
derselbe Reliquienschrein mit derselben Auf-
schrift wie im vorigen Bilde, nur ist das Gitter der
Vorderseite nicht rautenförmig, sondern recht-
eckig gearbeitet; vor ihm steht ein Bischof mit
langem, weifsem Barte — Eustorgius ist gemeint
— mit Chormantel und Mitra angethan. In der
Linken hält er den Stab, mit der Rechten be-
rührt er als Uebertrager den Schrein. Wie im
vorigen Bilde, so umgiebt auch hier den Bischof
ein Gefolge von sieben Klerikern. Einer steht
hinter ihm, ein anderer hält ein geöffnetes Buch
vor ihn hin, ein Dritter trägt das Vexillum,
und wieder ein anderer, der durch den Kasten
ganz verdeckt ist, hält das Kreuz, welches wohl
das Erzbischöfliche ist, da es vor Eustorgius
hingehalten wird. Unten zur Seite des Schreines
kniet ein betendes Kind mit gefalteten Hän-
den. Ueber dem Schrein steht geschrieben
mediolanum. Die Legende lautet, wie folgt:
Presulis instante voto sacra corpora fanum
Et manuel dante ponuntur in ambrosianum.
Innigst flehet der Bischof, fort trägt er die heiligen

Pfände,
Manuel läfst sie wandern nach des Ambrosius Lande.

7. Uebertragung der hh. Drei Könige
nach Köln.
Im Jahre 1164, als der römische Kaiser
Friedrich die wider ihn empörten Mailänder
unterjocht hatte, und die Stadt in seiner Ge-
walt war, hat der Erzbischof der Kölner Kirche,
Reynoldus, die Leiber der hh. Drei Könige
sich zum Geschenke erbeten und erhalten. Auch
erhielt er die kostbaren Ueberreste der beiden
Märtyrer Felix und Nabor, die in derselben
Stadt für Christus gelitten hatten. Mit grofser
Freude sandte er nunmehr sowohl die hh.
Drei Könige als die beiden Märtyrer durch
achtbare Personen nach Köln. Als sie heran-
nahten, eilte ihnen die ganze Stadt entgegen,
die Geistlichkeit sowohl als das Volk beiderlei
Geschlechtes und jeglichen Alters, und unter
Hymnen und Gesängen setzten sie den vom
Himmel ihnen gesandten Schatz in der Kirche
des h. Petrus nieder. Seit jener Zeit begann
Köln mehr zuzunehmen (magis proficere)20; an
Ruhm und Ansehen.

9) a. a. O. B. 30 v.

2") Das doppelsinnige „magis" ist anscheinend ab-
sichtlich gewählt, um zugleich auszudrücken, dafs durch
die hh. Drei Könige (magis) Köln mehr (magis) zu-
genommen.
 
Annotationen