Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

DOI Artikel:
Endres, Joseph Anton: Romanische Deckenmalereien und ihre Tituli zu St. Emmeram in Regensburg, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0137

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
209

1902. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

210

in monasterio S. Emmerami Ratisp. olim con-
tentarum descriptiones a. I5Ö0.

Dafs die in diesen Aufzeichnungen gemeinten
Plafondmalereien im XII. Jahrh. entstanden
sein mufsten, ergibt sich aus folgenden Er-
wägungen. Nachdem die Emmeramskirche in
der Regierungszeit des Abtes Reginward
(1049—1061) auf ihren jetzigen Grundplan
gebracht worden war, hatte sie durch zwei
grofse Brandkatastrophen zu leiden, welche
eine Umgestaltung zwar nicht der ganzen An-
lage, aber der inneren Ausstattung bedingten.
Jene Katastrophen fallen in die Jahre 1166 und
1642. Die in der -Zwischenzeit hergestellten
Titelabschriften beziehen sich somit auf die da-
malige Form der Kirche. Sie berichten speziell über
jene Deckenbilder, welche nach 1166 ent-
standen sind. Denn von einer Umgestaltung
bis zum Jahre 1642 ist nirgendwo die Rede.
Dafs 1166 die Decke der Kirche so schwer
geschädigt wurde, dafs sie durch eine neue
ersetzt werden mufste, darf als sicher ange-
nommenwerden. EineFrage, die aber schwerlich
in befriedigender Weise zu lösen ist, bleibt nur,
ob und inwieweit die zerstörten älteren Male-
reien für die nach 1166 neuerstellten von mafs-
gebendem Einflüsse blieben. Denn dafs ältere
vorhanden gewesen waren, erhellt aus der
Nachricht, dafs Kaiser Heinrich IL der, Kirche
ein Tabulat mit schönen Figuren gab.7)

Wie dem immer sein mag, ein Zusammen-
hang mit der älteren Malweise der Emmeramer
drängt sich unwillkürlich auf, wenn wir die
Anlage und die dekorative Umrahmung der
Deckenbilder im Auge behalten. Es ist der
Zusammenhang mit der Buchmalerei, wie sie
uns am entwickeltsten im Utakodex entgegen-
tritt. Weder die restaurirten Bildwerke zu
Prüfening, noch die Malereien in der Aller-
heiligenkapelle und im Karner zu Perschen
machen diesen Eindruck. Die beiden letzteren

7) Den Nachweis dafür s. in meiner Abhandlung:
»Die neuentdeckte Konfessio des hl. Emmeram zu
Regensburg«, Rgbg. 1895, 11. Neuerdings wäre an
dem Tabulate gearbeitet worden um die Zeit der
Anwesenheit Leos IX. zu Regenburg 1052. Eine aus
St. Emmeram stammende Handschrift des XVIII.
Jahrh. (jetzt Kegensb. k. Kreisbibliothek Rat. ep. et
cl. No. 346 berichtet (fol. 29) auf Grund älterer Auf-
schreibungen von dem genannten Papste: Ecclesiam
item s. Emmerami nuper incendio vastatam cum crypla
occidentali consecravit, tabulatum in ejusdem ecclesiae
summitate suis sumptibus fieri jussit.

stehen, was namentlich die Vorliebe für Arkaden-
stellungen und sonstige architektonische Um-
rahmungen anlangt, in näherer Fühlung mit
den letzten Erzeugnissen der von Swarzenski
beschriebenen Regensburger Schule aus der
Zeit Heinrichs IV. Vergegenwärtigen wir uns
dagegen, was die sogleich mitzutheilenden Be-
schreibungen der Emmeramer Plafondbilder be-
sagen , so erscheinen uns die drei grofsen
Felder der Flachdecke geradezu als ins Grofse
übertragene Uebersetzungen von Bildblättern,
jenes herrlichen Utakodex. Ganz das nämliche,
was Swarzenski über das Verhältnis des Evan-
gelienbuchs Heinrichs II. in der Vatikana zu
den Darstellungen des Utakodex ausführt, trifft
von unseren Deckenbildern zu. „Betrachten
wir, so sagt er S. 124, das Allgemeine des bild-
lichen Typus, so erkennen wir sofort, dafs wir
dieselbe eigenthümliche Bildform vor uns haben,
die das Charakteristikum der Illustrationen des
Utakodex ausmacht. Wir finden dasselbe
dekorativ-ornamentale System ineinander ge-
schobener Rahmenbi! düngen, die die Bildfläche
in einzelne selbständige Flächen viereckiger
oder kreisiger Grundform auflösen, welche die
um die Hauptdarstellung im Mittelstück sym-
metrisch gruppirten Nebendarstellungen auf-
nehmen, und zwischen denen die Grundfläche
mit Ornamenten belebt ist." Nehmen wir z. B.
das Schema, in dem sich das grofse Rechteck
des Plafonds über dem Schiff der Kirche prä-
sentirt. Die Hauptdarstellung bildete ein Kreuz.
Es war umgeben von einem „magnus quadran-
gularis circulus", einem Vierorte, wenn ich
jenen Begriff recht interpretire, der seinerseits
einen kleineren Kreis („spera, quae est in
medio corporis crucis") einschlofs. An den
Enden der vier Kreuzbalken standen Halb-
kreise, in den vier Ecken des Rechtecks
wiederum kleinere Kreise mit bildlichen Dar-
stellungen. Denken wir uns die vier Eckkreise
mit dem Mittelstück, worüber allerdings unser
auf das dekorative Beiwerk seiner Bilder weniger
bedachter Berichterstatter schweigt, durch ein
thatsächlich kaum mangelndes ornamentales
Rahmen werk verbunden, so haben wir ein Bild-
schema wie in den Evangelistenbildern des Uta-
kodex (bei Swarzenski, Taf. 14 Nr. 33,
Taf. 15 Nr. 34) oder mit geringen Modi-
fikationen in der Kreuzdarstellung daselbst
(Taf. 13 Nr. 30).

Regensburg. J. A. Endres.
 
Annotationen