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Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

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Steffens, Arnold: Die alten Wandgemälde auf der Innenseite der Chorbrüstungen des Kölner Domes, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0149

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227

1902. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

228

Donatus Aelius, ein berühmter Grammatiker
des IV. Jahrb., Lehrer des h. Hieronymus, ist
hauptsächlich durch eine lateinische Elementar-
Grammatik (Ars Donati) bekannt geworden,
welche in den Schulen des Mittelalters fast aus-
schliefslich gebraucht wurde. „Donat" hiefs
soviel als Elementarbuch irgend einer Wissen-
schaft. Der zweite Vers der Legende besagt
mithin, dafs Cyrinus sowohl die wissenschaft-
liche Ausbildung, wie die religiöse Erziehung
des Knaben zu leiten hatte.

2. Silvester übt Gastfreundschaft an
Timotheus.

Als Silvester zum Jüngling herangewachsen
war, übte er die Gastfreundschaft mit allem
Fleifse. Jedoch hatte er keine irdischen Reich-
thümer zur Verfügung, sondern die Schätze
seines guten Herzens waren seine Spenden. So
kam es, dafs er den Timotheus, einen christ-
lichen und gottseligen Mann, der von Antiochien
gekommen und Christum öffentlich predigte,
zur Zeit der Verfolgung in sein Haus auf-
nahm, was keiner der Christen gewagt hatte
zu thun.

So das Kölner Brevier.25)

Unser Bild zeigt im Hintergrunde ein mäch-
tiges, rundes, burgähnliches Gebäude, dessen
äufsere Mauer mit Zinnen gekrönt ist. In der
Mitte der Plattform erhebt sich ein ebenfalls
mit Zinnen und zudem mit Erkern flankirter
und mit Schiefern gedeckter Thurm. Aus dem
Burgthore ist der Jüngling Silvester herausge-
treten. Mit der Linken gibt er einer armen
Frau, die ein viel kürzeres Kleid trägt wie die
Matrone des vorhergehenden Bildes, einige
Aepfel. Hinter der Frau stehen zwei Männer
mit staunender Geberde. Die Rechte reicht
Silvester einem altern, bärtigen Manne, der in
der Linken einen Wanderstab hält. Ueber dem
Wanderer steht im Fries der Burg der Name
tymoiheus. Der Name Silvester war jedenfalls
über dem Jünglinge angebracht, da er in den
andern Bildern nirgends fehlt. Jedoch hat das
Bild stark gelitten, sodafs keine Spur des
Namens übrig geblieben ist.

Von den beiden Zeilen der Legende sind
nur die Endsilben erhalten. Ich habe dieselbe
in folgender Weise ergänzt:

Hospites recepit ut abram deum sabaoth
Quos pie refecit ut angelos in sodoma lot.

*) a. a. O. fol. 25.

Herberge gab er den Fremden wie Abram dem Gotte

Sabaoth,

F'reundlich er ihnen bot Labsal, wie's Engeln in Sodoma

gab Lot.

3. Predigt und Martertod des
h. Timotheus.

Silvester freute sich, den Timotheus in sein
Haus aufgenommen zu haben und suchte durch
Belobung und Empfehlung sein Wirken und
Predigen zu fördern. Als dieser ein Jahr und
drei Monate hindurch des Predigtamtes ge-
waltet hatte, und viele von den Heiden sich
bekehrten, wurde er vom heidnischen Volke
festgenommen, dem Stadtpräfekten Tarquinius
überliefert, von diesem gefoltert, in den Kerker
geworfen und schliefslich, da er sich weigerte,
den Götzen zu opfern, zum Tode verurtheilt
und mit gemeinen Mördern enthauptet.

So unser Brevier.26;

In unserm Bilde ist obige Erzählung in drei
Szenen zur Darstellung gebracht. Im Vorder-
grunde, rechts vom Beschauer, steht Timotheus
in gefällig drapirtem Mantel und predigt. Leh-
rend erhebt er die Rechte, in der Linken hält
er ein Buch. Vor ihm sehen wir eine aus
fünf Personen beiderlei Geschlechtes bestehende
Gruppe von Zuhörern, von denen die vordem
knieen, die andern stehen. Im Hintergrunde
sehen wir abermals ganz denselben Timotheus
mit seinem Buche in der Linken, aber in eifrigem
Gespräche begriffen mit seinem Gastgeber und
Freunde Silvester, der so eifrigen Antheil nimmt
an seinem apostolischen Wirken. Im Vorder-
grunde links schauen wir ein drittes Mal den
Timotheus, jedoch knieend und mit zum Gebet
erhobenen und gefalteten Händen, wie er den
Todesstreich von dem neben ihm mit erhobenem
Schwerte stehenden Henker erwartet. Das
Haupt des Timotheus ist jedesmal vom Heiligen-
schein umstrahlt, das erste Mal steht über ihm
der vollausgeschriebene Name tymotheus, die
beiden andern Male die Abkürzung tymo, wor-
aus Ernst Weyden einen Jünger des Timotheus
Namens symo gemacht hat. Ueber Silvester
steht die Abkürzung sil.

Der Märtyrer Timotheus ist übrigens keine
legendarische Persönlichkeit. Sein Todestag
wird von der gesammten Kirche von jeher am
22. August begangen. Er wurde bestattet neben
dem Apostel Paulus an der Strafse, die nach
Ostia führt, wo er noch heute ruht.

6) a. a. O. fol. 25.
 
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