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Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

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Endres, Joseph Anton: Romanische Deckenmalereien und ihre Tituli zu St. Emmeram in Regensburg, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0178

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279

1902. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

280

Uerligo mundi cerlum genus est pereundi
Rara Salus constat vt qua molitur rota non

stat.
In dimidia spera sinistri lateris Crucis vbi
habetur figura Duo in agro vno (Math. 24) Hoc
habetur distichon :

Ecclesie matri species famulatur aratri
Sed hetv non desunl subiecli qui male firesunt
In spera circa Organum, vbi Chtislus tradit
Pctro claues regni celorum (Math. 16) hec habentur:
Ecclesie mairis domui sumtni vice patris
Presidet a petra Petrus excellente cathedra
I]} spera huic ofiposita in sinistra parte, ?-bi
baptisatur s. Paulus hec habentur:

Qui fuerat Sau/us pridem est postea Paulus
7am bene tarn mire vasis deus vtitur ire.

Meine Auffassung des hier geschilderten
Bildschemas habe ich bereits oben angedeutet.
Dafs auf dem Kreuze im Mittelfelde, ähnlich
wie auf der Darstellung im Utaevangeliar,27)
auch der daran geheftete Erlöser zu sehen war,
schliefse ich aus der direkten Rede der Legende
(Ad me lapse redi etc.), welche das Vorhanden-
sein des Gekreuzigten voraussetzt.

Die Symbolik der Kreuzesbalken, in welcher
unser Deckenbild ganz mit der genannten Dar-
stellung des Utaevangeliars übereinstimmt, war
im Mittelalter sehr beliebt und verbreitet. Sie
beruht in einer Beziehung der Stelle Ephes. 3,
18 (ut possitis comprehendere cum oninibus
sanctis, quae sit latitudo et longitudo et sub-
limitas et profundum) auf das Kreuz. Darnach
wurde der Längsbalken in seinem unsichtbaren,
in der Erde verborgenen Theile (profundum)
auf die Grundlage der Erlösung, Gnade und
Glauben; die Fortsetzung bis zum Querbalken
auf die Beharrlichkeit im Guten, und der dar-
über hinausreichende Theil auf die Hoffnung
der jenseitigen Belohnung bezogen. Der Quer-
balken, an dem die Hände befestigt sind, be-
deutete die in guten Werken sich bethätigende
Liebe. Diese Symbolik schöpfte das Mittel-
alter aus verschiedenen Schriften des hl. Augu-
stinus.28)

Die Sinnbilder von Vita und Mors, wie sie
im Utakodex zu sehen sind, trug das Emme-
ramer Deckengemälde nicht, wie auch nicht die
sonst beliebten von Ecclesia und Synagoga.
Dagegen umgaben das Kreuz daselbst alt-
testamentliche Typen, so die Virga Moysi, —
wohl nicht die eherne Schlange, sondern der
wunderbare Mosesstab—,29) und Mystica dona.
Unter den letzteren, wenn es sich zugleich um
eine Typik des Kreuzes handelt, haben wir
kaum etwas Anderes als die an einer Stange
getragene Traube der Kundschafter des ge-
lobten Landes zu denken.30) Ueber dem Kreuze
schwebten alsdann als generatio lucida lucis
Engel, welche wir schon seit älterer Zeit an
dieser Stelle anzutreffen gewohnt sind.81)

Von den vier Halbkreisen in der Richtung
der Enden des Kreuzes enthielt der oben
stehende höchst wahrscheinlich die Hand Gottes
(Ejus nos dextra etc.).32; Die drei übrigen
kehrten den bei Matth. 24, 40 und Luc. 17, 34
ausgesprochenen eschatologischen Gedanken
hervor von den Zweien in einem Bette, den zwei
Mahlenden und den Zweien auf einem Acker,
von denen jedesmal die eine der betheiligten
Personen aufgenommen, die andere dagegen
verworfen wird. Das Mittelalter bezog diese
Bilder auf die Ruhe des kontemplativen Lebens,
auf das Getriebe der in der Welt lebenden
und auf die den Acker des Herrn bereitende
Ecclesia docens 33)

«) Swarzenski 95 und Taf. XIII, 30.

*8) Die ganze Symbolik des Kreuzes in der lalein.
Literatur/on den Kirchenvätern bis ins XII. Jahrh.
hat A. Schönbach mit der ihm eigentümlichen
Gelehrsamkeit zusammengetragen in einer Anmerkung
zur ersten Predigt der von ihm herausgegebenen
Oberaltacher Sammlung in Altdeutsche Predigten (Graz
1888) 2, 177-189.

**) Ueber den Mosesstab als Typus des Kreuzes
vgl. Honorius Aug., Specul. eccl., Migne 172,
943 D: Virga Moysi in draconem inutatur, a quo
dracones magorum devoranlur. Virga haec est s. ctux,
quae supplicio suo carnem Christi mortificavit, cujus
mors nostras duas morles, sc. corporis et animae,
superavit. Ilac virga mare dividitur, populus redimi-
tur, hostis insequens undis immergitur; sc. sancta
cruce baptisma sanctum conficitur, per quod regene-
ratorum lurba a morle eripitur etc Vgl. Merz,
»Die Bildwerke an der ErzthUre des Augsburger
Dornst (Stuttgart 1885) 34 f., wo die gleiche Typik
auf Isidor und Beda zurückgeführt wird.

50) Honorius Aug. 1. c. col. 922 B: Botrus,
qui in vecte porlatur, est Christus, qui in cruce pepen-
disse praedicatur. Vgl. Jb 932 A, 914 D, 948 B;
B-irbier de Montault, II, 14, 60, 92.

31) Siehe z. B. die Darstelluug der Kreuzigung
auf einem Elfenbeinrelief (s. IX) der k. Staatsbibl. in
München Cim. 57, Abbildung bei P. Weber »Geistl.
Schauspiel u. christl. Kunst« (Stutig. 1894) Taf. IV.

82) Vgl das in der vorausgehenden Anm. zitirte
Elfenbeinrelief.

M) Honorius Aug., 1. c. 854 A: Duo in agro
sunt duae partes doclorum laborantium in hoc mundo
 
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